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Statt zu kämpfen reparieren ukrainische Soldaten das Dach eines Kindergartens bei Donezk.

© Anatoli Stepanov/AFP

Ukraine-Konflikt: Trügerische Ruhe im Donbass

Wegen Russlands Militäreinsatz in Syrien befürchtet Kiew, vom Westen fallen gelassen zu werden. Morgen wird in Paris wieder über das Minsker Abkommen verhandelt.

„Gott sei Dank, alles ist still und gut, es gab keinen Beschuss“, berichtete Sergej Iwanow, ein Donezker Stadtteilverantwortlicher, am Donnerstag der prorussischen Rebellenagentur DAN. Laut Rebellenangaben war in der Nacht jedoch im westlichen Stadtteil Petrowski ein Zivilist beim Beschuss durch ukrainische Regierungstruppen verwundet worden. Die ukrainische Seite meldete ihrerseits zwei verletzte Soldaten. Tote gab es keine, und schwere Waffen scheinen praktisch keine mehr eingesetzt worden zu sein. Manche nennen dies schon Frieden.

Der Waffenstillstand wird kaum noch gebrochen

Seit einer zum Schulbeginn am 1. September beschlossenen Feuerpause haben die Kämpfe in der Tat massiv abgenommen. So ruhig wie im September war es im Donbass seit einem Jahr nicht mehr. Die Verletzungen der Minsker Waffenstillstandsvereinbarung vom Februar sind gegenüber August um fast 90 Prozent zurückgegangen. Wenn dieser Friede halte, ziehe die ukrainische Armee nächste Woche auch die leichten Waffen ab, hieß es am Donnerstag.

Gleichzeitig sagte Verteidigungsminister Stepan Poltorak, er traue Russlands Präsident Wladimir Putin nicht zu, von einer Aggression gegen die Ukraine ernsthaft Abstand genommen zu haben. Die ukrainische Regierung will deswegen am Freitag in Paris auf eine Widerrufung der von russischen Föderationsrat bewilligten Auslandseinsätze drängen. Dort trifft sich erstmals seit Februar das sogenannte Normandie-Quartett (Putin, Petro Poroschenko, Angela Merkel und François Hollande), um weiter an einer Friedenslösung für die Ukraine zu arbeiten.

Ist die Ukraine nun ein Bauernopfer?

Da der Gipfeltermin nun aber mit den russischen Luftschlägen in Syrien zusammenfällt, wird in Kiew die Sorge immer lauter, der Westen könnte die Ukraine als Bauernopfer im Tausch gegen eine Lösung der Syrienkrise einsetzen, nicht zuletzt um damit auch der Flüchtlingswelle etwas Einhalt zu gebieten. Die Ukraine und Syrien dürften nicht miteinander verknüpft werden, mahnt daher Staatspräsident Petro Poroschenko an.

Kiews Sorge ist nicht unbegründet, denn der Minsker Friedensvertrag vom Februar kommt nun in seine Schlussphase. Neben einem Waffenstillstand, der erst jetzt eingehalten wird, sieht er Lokalwahlen im Donbass, in der ukrainischen Verfassung festgeschriebene Sonderrechte für die pro-russischen Separatistengebiete und den Abzug der Rebellen von der ukrainisch-russischen Ostgrenze vor. Erst wenn Kiew die Kontrolle über die gesamte Staatsgrenze wieder innehat, können die bisherigen Lieferungen von Waffen und frischen Kämpfern aus Russland unterbunden werden.

Am Freitag wird sich in Paris zeigen, ob Putin als Schutzherr der „Separatisten“ zum Einlenken bereit ist und wirklich eine Beruhigung im Donbass will. Oder ob das alles nur eine kalkulierte Entspannung für die Zeit der russischen Luftangriffe in Syrien ist.

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