zum Hauptinhalt
Donald Trump besuchte die "New York Times" am Dienstag.

© dpa

15 Tage nach der US-Wahl: Trump beehrt die Erzfeindin

Kein Medium hat den künftigen Präsidenten härter attackiert als die "New York Times". Nun gibt er ihr ein Interview, natürlich nicht ohne Drama. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Die "Gray Lady" war Donald Trumps Nemesis. Kein Medium hat den Kandidaten im Wahlkampf härter geprüft und kritisiert als die "New York Times". Schon im Mai druckte sie ein gut recherchiertes Dossier über seinen Umgang mit Frauen - lange bevor die berüchtigten Tonbandaufnahmen öffentlich wurden, dass er Frauen gegen ihren Willen küsse und sogar an die Genitalien fasse. Trump und die "New York Times", das glich einer Erbfeindschaft.

"Ich will den Clintons nichts Böses"

Umso überraschender ist, dass Trump die "Gray Lady" nun mit einem Besuch beehrte. Diese Wende erregt fast noch mehr Aufsehen, als die inhaltlichen Wenden, die dann im Gespräch mit der Redaktion und im Interview folgten.

Natürlich ging auch dieses Manöver nicht ohne Drama ab. Er verabredete das Treffen, sagte es dann nach einem Streit über die Regeln für das Gespräch ab und kam dann doch. Ganz ähnlich verliefen Fragen und Antworten inhaltlich.

Er wird sein Versprechen, einen Strafverfolger auf Hillarys Verfehlungen im Umgang mit ihren Dienstemails als Außenministerin und auf potenzielle Interessenkonflikte der Clinton-Stiftung anzusetzen, nicht wahrmachen. Im Wahlkampf war die Forderung, Clinton einzusperren, der zentrale "Battle Cry" seiner Anhänger. "Lock her up! Lock her up!" war sein Hauptmobilisierungsinstrument.

Nun sagt er: "Ich will den Clintons nichts Böses."

Statt Waterboarding Zigaretten und Bier für Terrorverdächtige

Im Wahlkampf wollte er Waterboarding als Verhörmethode für Terrorverdächtige zulassen, obwohl dies als eine Foltertechnik gilt. Nun sagte er, er habe seine Meinung nach einem Gespräch mit James N. Mattis, einem pensionierten General der Elitetruppe Marine Corps geändert. Mattis habe ihm gesagt, "Waterboarding bringt nichts". Man müsse Vertrauen aufbauen und Kooperationsbereitschaft belohnen. "Ein Päckchen Zigaretten und ein paar Bier führen zu besseren Ergebnissen."

Trump sagte der Zeitung: "Das hat mich sehr beeindruckt." Mattis sei im Übrigen ein ernsthafter Kandidat für den Posten des Verteidigungsministers.

In der Klimapolitik ist eine Wende möglich

Selbst in der Klimapolitik scheint eine Wende möglich. Auf Rückfragen habe Trump es vermieden, sein Wahlkampfversprechen zu wiederholen, er werde aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, schreibt die "New York Times".

Eine gute Stunde dauerte das Gespräch in der Redaktion. Wenn Trump die "Gray Lady" besuchen kann, dann ist noch manche Überraschung zu erwarten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false