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Schlägereien, Verletzte und sogar Tote stehen am Ende einer rechtsextremen Kundgebung in Charlottesville. Dass der Präsident in seiner Reaktion lediglich die Gewalt im Allgemeinen verurteilt, empört viele Amerikaner.

© dpa

Rechte Gewalt in den USA: Trump steckt in der rechten Zwickmühle

Die Rechtsextremen haben den Präsidenten gewählt. Darum schont er sie nach den Ausschreitungen in Charlottesville. Das ist fatal. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ingrid Müller

Um harsche wie deutliche Worte ist der amerikanische Präsident für gewöhnlich nicht verlegen. Tagelang hat Donald Trump gerade erst die Welt mit einem verbalen Gewaltgewitter gegen Nordkoreas Diktator Kim Jong Un in Schrecken versetzt, dem er mit „Feuer und Zorn“ drohte. Dann legte er kurzerhand auch noch mit Drohungen gegen Venezuela nach.

In Amerika ticken die Uhren oft etwas anders, als die meisten Europäer sich das vorstellen können. Erst recht, seit Donald Trump im Weißen Haus Einzug gehalten hat. Dass die Gesellschaft gespalten ist, ist schon allzu lange klar, aber es wird täglich deutlicher. Es gibt viele, die sich abgehängt fühlen – ihnen hat Trump mit seinen Slogans „Make America Great Again“ und „America first“ vermeintlich wieder eine Stimme verliehen. Schon der Wahlkampf zeigte, dass seine Art Leute vom ganz rechten Rand anzieht. Auch die extreme Alt-Right-Bewegung hat ihn unterstützt. Das weiß der Präsident, diese Leute will er nicht verprellen. Sie sind seine Wähler.

Doch nun werden sie für ihn und das Land zur Gefahr. Ein rechter Mob zieht durch Charlottesville. Ein irregeleiteter 20-Jähriger fährt offenbar vorsätzlich in eine Gruppe von Menschen, die gegen den Aufmarsch der Rechten in ihrer Stadt demonstrieren, die sich dort „vereinigen“ wollen. Das alles ist schlimm genug.

Neonazis freuen sich über die Rücksicht

Doch dass der Präsident diesmal keine klaren Worte findet, macht alles noch schlimmer. Plötzlich versucht es Trump mit verklausulierten Andeutungen à la Chinas Staatspräsident Xi. Der hat am Wochenende im Nordkoreakonflikt „alle Akteure“ zur Mäßigung aufgerufen, womit er Pjöngjang nicht verprellen wollte, aber gleichzeitig die Attacken des US-Präsidenten meinte, was das Weiße Haus in seiner Mitteilung über das Telefonat wegließ. Nur ist Trump normalerweise anders unterwegs als Xi. Sein Credo ist die klare Kante.

Und nun gibt es nach den furchtbaren Ereignissen in Charlottesville nur eine dürre Botschaft, dass Gewalt und Hass im Land keinen Platz hätten? Diesen Teil wird niemand kritisieren. Wohl aber, dass er sie lapidar „vielen Seiten“ zuschreibt, anstatt die Täter beim Namen zu nennen. Dass Trump die Gewalt der Rechtsextremen, die in Charlottesville neben vielen Verletzten auch eine Tote zurückließ, nicht als das brandmarkt, was sie ist, inakzeptabel, ruft eine Klientel auf den Plan, die es auch nach dem Schock des Wochenendes nicht bei markigen Worten belassen will.

Rechte Extremisten wie Anhänger des Ku-Klux-Klans jubeln prompt, sie seien in Trumps Auftrag unterwegs. Neonazis verkünden im Netz: „Er hat uns nicht attackiert.“ Und: „Wir befinden uns jetzt im Krieg. Und wir werden keinen Rückzieher machen.“ Der frühere Chef des Ku-Klux-Klans behauptet, seine Leute würden Trumps Versprechen erfüllen , „unser Land“ zurückzuholen. Deren unverhohlene Drohung mit Gewalt darf Trump nicht aus Angst vor rechten Wählern ignorieren. Die Rechte bemächtigt sich gerade seiner. Ein solcher Krieg im Inneren würde Amerika zerreißen.

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