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Politik: UN werfen Bosnien und USA Rechtsbruch vor

Vier Tage nach der illegalen Deportation von sechs Algeriern durch die USA wird in Bosnien weiterhin über den Aufenthaltsort der Männer gerätselt. Madeleine Rees, Vertreterin der UN-Menschenrechtskommissarin in Sarajevo, spricht von einem neuen Rechtsbruch: Weder die Angehörigen noch die Anwälte der Algerier seien über den Verbleib informiert worden.

Vier Tage nach der illegalen Deportation von sechs Algeriern durch die USA wird in Bosnien weiterhin über den Aufenthaltsort der Männer gerätselt. Madeleine Rees, Vertreterin der UN-Menschenrechtskommissarin in Sarajevo, spricht von einem neuen Rechtsbruch: Weder die Angehörigen noch die Anwälte der Algerier seien über den Verbleib informiert worden. Dem Vernehmen nach sind die Inhaftierten auf einem US-Stützpunkt in Deutschland auf Zwischenstation. Die US-Behörden haben die Absicht bekundet, die Männer in das umstrittene Haftzentrum Guantanamo auf Kuba zu transferieren. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Washington lobte die bosnische Regierung für die gute Kooperation und bezeichnete die Übergabe der Verdächtigen als einen "bedeutenden Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus".

Bei Menschenrechtsorganisationen sorgt die faktische Entführung der Algerier durch Soldaten des US-Kontingents der Bosnien-Friedenstruppe (Sfor) jedoch für anhaltenden Protest. Die bosnischen Justizbehörden hatten die sechs Algerier bereits im Oktober vergangenen Jahres aufgrund von Hinweisen der Amerikaner festgenommen. Die USA werfen den Männern vor, mit militanten islamistischen Gruppen in Algerien oder in Ägypten in Kontakt zu stehen. Fünf der sechs Männer hatten nach dem Ende des Bosnienkrieges angeblich als ehemalige Kämpfer auf der Seite der Regierungstruppen den Pass des Gastlandes erhalten. Sie sind inzwischen mit bosnischen Frauen verheiratet und haben kleine Kinder. Die Staatsbürgerschaft wurde den fünf Männern nach der Verhaftung im Oktober wieder aberkannt, da diese auf der Basis falscher Angaben erteilt worden sei. Die Ausbürgerung war allerdings noch nicht rechtskräftig, da eine Beschwerde der Inhaftierten noch anhängig ist.

Die US-Behörden weigerten sich im Verlauf des Verfahrens, der bosnischen Justiz die notwendigen Geheimdienstinformationen gegen die Inhaftierten auszuhändigen. Bosniens oberstes Gericht ordnete deshalb vergangenen Donnerstag an, die Männer seien mangels Beweisen freizulassen. Am selben Tag forderte auch die teilweise international besetzte Menschenrechtskammer in Sarajevo die bosnischen Behörden auf, die Auslieferung von vier der sechs Inhaftierten zu stoppen. Madeleine Rees vom UN-Menschenrechtskommissariat zeigt sich empört über die "Scheinheiligkeit" der internationalen Gemeinschaft: "Zuerst predigen wir den Rechtsstaat, doch wenn es uns nicht passt, setzen wir uns über alle Gesetze und Konventionen hinweg." Die bosnische Regierung habe unter dem Druck aus Washington mit dem Rücken zur Wand gestanden und keine andere Wahl gehabt, als sich über die eigene Justiz hinwegzusetzen. Die internationale Gemeinschaft hat in den letzten sechs Jahren Milliardenbeträge unter anderem auch in den Aufbau von Rechtsstaat und Demokratie in Bosnien gesteckt. Mit ihrer Machtdemonstration hätten die US-Behörden die Aufbaubemühungen der letzten Jahre untergraben, klagt Rees.

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