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So mögen ihn seine Fans: Friedrich Merz beim Politischen Aschermittwoch 2020 in Apolda

© Jens Schlüter / AFP

Gezähmter Merkel-Gegner: Und wieder dreht sich alles um Friedrich Merz

Vor zwei Jahren trug ihn ein Überdruss an der Kanzlerin fast ins Ziel. Beim Kampf um den CDU-Vorsitz tritt Merz nun zurückhaltender auf.

Von Robert Birnbaum

Friedrich Merz war schon vorher drin im Konrad-Adenauer-Haus. In einem kurz vor dem Parteitag publizierten Image-Filmchen spaziert der Sauerländer auf der Glasfassadenebene neben dem Vorstandssaal entlang und spricht mit ernster Miene: „Wir stehen vor einem Jahrzehnt mit großen Herausforderungen.“

Unter den drei Bewerbern um den CDU-Vorsitz vermittelt der 65-Jährige auch sonst am stärksten den Eindruck, dass er da jetzt unbedingt als Chef rein will. Doch er ist in wie außerhalb der Partei zugleich der Mann, der auf die stärksten Vorbehalte stößt.

Denn ob er will oder nicht – Merz polarisiert. Das muss kein Nachteil sein. Im ersten politischen Leben verhalf ihm sein Talent zu funkelnd scharfen Reden zu einer Blitzkarriere vom Finanzfachmann zum Fraktionsvorsitzenden.

In den zwei Jahrzehnten nach seiner Entmachtung hielt er sich mit pointierter Kritik an Angela Merkel in Erinnerung. Ein Wahlkampf mit Merz an der Spitze würde zumindest nicht langweilig.

Doch die Schärfe hat ihren Preis. So sehr der konservativ-wirtschaftsnahe Flügel der CDU dem Erfinder der Bierdeckel-Steuererklärung zujubelt, so entschieden lehnen ihn die Merkelianer ab. Sein erster Anlauf zurück an die Macht scheiterte vor zwei Jahren nicht nur an der untypisch schwachen Bewerbungsrede, sondern vor allem an dieser Spaltung.

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Im zweiten Anlauf erlebte die Partei einen nachgerade gedämpften Merz. Über die Corona-Kanzlerin sprach er nichts Böses mehr, erinnerte nur manchmal an die Notzeit der miesen Wahlergebnisse davor. Er präsentierte sich jetzt als Retter auch ohne Not und als Experte für „Aufbruch“ und „Führung“.

Seine Anhänger verstanden die Anspielung und setzten in Gedanken fort „… anders als die Zeitgeistsurferin im Kanzleramt“. Doch Merz muss damit rechnen, dass die Zahl der Getreuen und Merkel-Müden seit 2018 nicht größer geworden ist. Anders als damals ist ihm überdies im Bayern Markus Söder ein Schatten-Konkurrent in der Disziplin „starker Mann“ erwachsen.

Neuerfindung mit Klima- und Jugendthemen

Kämpfen musste er zugleich gegen die Zuschreibung, er selbst sei irgendwie in der Zeit stehengeblieben. Merz verspricht nun eine „ökologische Erneuerung“ der Marktwirtschaft und zeigt sich mit jungen Erfolgsmenschen.

Seine Frau Charlotte attestiert ihm in dem Imagefilm: „Die Leidenschaft für Politik ist in meinem Mann nie erloschen“ – eine indirekte Replik an alle, die ihn, wie es ein bösartiger Wikipedia-Autor neulich kurz in seine Biographie in der Online-Bibliothek schmuggelte, als „politischen Laiendarsteller“ karikieren.

Seine Widersacher in der Partei spielten subtil die gleiche Melodie, wenn sie „Rezepte aus den 90ern“ für untauglich erklären oder wie Konkurrent Armin Laschet daran erinnern, dass es einem CDU-Vorsitzenden und möglichen Kanzler gut anstehe, schon mal eine Wahl gewonnen und eine Regierung geführt zu haben.

Eins jedenfalls hat Merz mit der zweiten Bewerbung erreicht: Wieder dreht sich alles um ihn. Selbst wer von den Delegierten Norbert Röttgen oder Laschet wählt, wird zumeist mit einem stillschweigenden Zusatz auf den Absende-Knopf auf dem Bildschirm klicken: „… aber jedenfalls nicht Merz!“

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