
© dpa/Bernd Weißbrod
„Uns brennt der Kittel“: Selbst Stuttgarts OB fordert jetzt mehr Geld vom Bund
Die Kommunen geraten immer mehr in finanzielle Schieflage. Die 13 Oberbürgermeister der Landeshauptstädte wollen nun mehr Geld vom Bundeskanzler. Frank Nopper (CDU) aus Stuttgart erklärt die Aktion.
Stand:
Es ist eine ungewöhnliche, parteiübergreifende Allianz. Die Oberbürgermeister aus den 13 Hauptstädten der Flächenländer haben Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zusammen einen Brandbrief geschrieben. Darin warnen sie, dass die Gesetze des Bundes die Städte und Gemeinden immer mehr in eine finanzielle Schieflage bringen. Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hat die Aktion mitinitiiert.
Herr Nopper, Stuttgart ist eine der reichsten Städte Deutschlands. Wieso klagen nun selbst Sie über ein Finanzproblem?
Wir haben längst nicht mehr die hohen Gewerbesteuereinnahmen wie früher. 2023 haben wir noch 1,6 Milliarden Euro eingenommen. 2025 werden es noch rund 850 Millionen Euro sein. Das Aufkommen hat sich also fast halbiert. Zugleich steigen die Ausgaben kontinuierlich an. Das liegt vor allem auch an den Sozialausgaben, die uns der Bund auferlegt. Pro Jahr bleiben wir allein beim Vollzug des Bundesteilhabegesetzes auf 175 Millionen Euro sitzen. 
Die schwarz-rote Regierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Kommunen nicht weiter finanziell zu belasten und ihnen bei den Altschulden zu helfen. Das klingt fair. Warum haben Sie nun trotzdem einen Brandbrief an Kanzler Friedrich Merz (CDU) geschrieben?
Uns brennt der Kittel, wie man auf gut Schwäbisch  sagt. Deshalb haben wir diesen Brandbrief geschrieben. Wir brauchen schnell eine tragfähige Lösung.
Zweifeln Sie daran, dass die schwarz-rote Koalition ihre Versprechen einhält?
Wir fürchten jedenfalls, dass Schwarz-Rot seine Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nicht in der angemessenen Geschwindigkeit umsetzt. Es muss sehr zeitnah etwas geschehen – ohne schuldhaftes Zögern des Bundes. 
Sie beziffern das kommunale Finanzierungsdefizit auf 24,8 Milliarden Euro. Wie kommt dieses zustande?
Der Beitrag resultiert vor allem daraus, dass wir 95 Prozent der Sozialleistungen zahlen. So sind etwa die Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe sowie die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung gestiegen. Hier hat der Bund die  Leistungen erhöht, ohne die Kommunen dafür finanziell zu entschädigen. Auch die Leistungen von Bund und Ländern für das Deutschlandticket gleichen nicht alle Kosten aus, die den Kommunen durch den ÖPNV entstehen. Und auch die Krankenhäuser sind notorisch unterfinanziert. Das kommunale Finanzierungsdefizit in Höhe von 24,8 Milliarden Euro im Jahr 2024 entspricht dem höchsten Wert seit 1990. 
Was muss sich ändern, damit die Kommunen nicht ständig finanziell unter Druck geraten?
Unsere Forderung ist ganz einfach. Wer bestellt, muss auch bezahlen. Und wer bestellt hat, ohne zu bezahlen, muss dies nachholen. Der Bund muss bei allen Leistungen, die er verspricht, dafür sorgen, dass die Kommunen, die diese Leistungen an die Betroffenen auszahlen, auch die nötigen Gelder dafür bekommen. 
Welche Verantwortung tragen die Länder an den Finanzproblemen der Kommunen?
Die Kommunen sind verfassungsrechtlich Teil der Länder. Die Länder müssen unsere Interessen im Bundesrat vertreten. Wir fordern von den Ländern, dass sie Bundesgesetzen, die die Kommunen belasten, nur noch zustimmen, wenn wir eine vollständige Kompensation dafür erhalten. Die Länder müssen eine entsprechende Selbstverpflichtung eingehen. 
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