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US-Präsident Donald Trump verliert Wirtschaftsberater. Hier mit den CEO's von Merck, Kenneth Frazier, und Ford, Mark Fields.

© Evan Vucci/AP/dpa

Streit um Rassismus in den USA: US-Konzerne wenden sich von Trump ab - nicht umgekehrt

Aus Protest gegen den Umgang des Präsidenten mit Charlottesville verlassen Wirtschaftsbosse die Beratergremien des Präsidenten. Eine Analyse.

Er hatte sich als der wirtschaftsfreundlichste Präsident aller Zeiten angepriesen. Und da Donald Trump selbst ein Unternehmen geführt hatte, ehe er ins Weiße Haus einzog, waren viele Vorsitzende großer US-Konzerne gerne bereit, eng mit ihm zu kooperieren - auch in der Hoffnung, die Wirtschaftspolitik der Regierung beeinflussen zu können. Sie betrachteten es zudem als Ehre, in die Beratungsgremien des Weißen Hauses eingeladen zu werden.

Massenprotest der großen US-Konzerne

Jetzt wenden sich die CEO's (Vorstandschefs) scharenweise von Trump ab. Sie vertreten renommierte Firmen wie die Großbank JP Morgan Chase, den Pharmagiganten Merck, die Mischkonzerne General Electric und IBM, General Motors, Pepsi Cola, die Investmentgesellschaft Blackstone. Zwei Gremien zur Wirtschaftsberatung des Weißen Hauses haben sich inzwischen aufgelöst.

Die Mitglieder begründen ihren massenhaften Protest mit der Reaktion Trumps auf die gewaltsamen Zusammenstöße in Charlottesville zwischen rechtsradikalen Rassisten und linken Gegendemonstranten mit drei Toten und vielen Verletzten am vergangenen Wochenende. Der Präsident habe die Aufgabe, die Einheit der Nation herzustellen, und nicht, die Gesellschaft zu spalten. In einer ersten Reaktion hatte Trump beiden Seiten gleichermaßen die Schuld an der Eskalation gegeben. Auf den Druck einer empörten Öffentlichkeit hin hatte Trump sich am Montag korrigiert und ausdrücklich die Gewalt rechter Rassisten verdammt.

Am Dienstag kehrte er jedoch in einer Pressekonferenz im Trump Tower in New York zu seiner These zurück, die Schuld liege auf beiden Seiten. Es gebe ebenso eine gewaltbereite Linke wie eine gewaltbereite Rechte. Nur traue sich niemand außer ihm, das zu sagen. Die Demonstration der Rechten in Charlottesville sei im Übrigen angemeldet und genehmigt gewesen, die Gegendemonstration der Linken nicht.

Ein Präsident muss die Nation einigen, nicht spalten

Bereits am Montag hatte Merck-CEO Ken Frazier aus Protest sein Berateramt niedergelegt. Er war einer der wenigen afroamerikanischen Business-Führer, die Trump unterstützten. Als Trump am Dienstag seine "Alle sind gleichermaßen Schuld"-Rhetorik bekräftigte, verständigten sich die Wirtschaftsführer, die den beiden wichtigen Beratungsgremien angehören, in einer Telefonkonferenz. Trumps Rückfall habe "wie ein Point of no Return" auf die Wirtschaftselite, sagte ein Teilnehmer der Telefonkonferenz der "Washington Post".

Fortschritte in der Wirtschaftspolitik "sind nicht genug und haben keine Bedeutung, wenn wir die Spaltung unseres Landes nicht überwinden", kritisierte Jamie Dimon, Chef der Bank JPMorgan Chase. in einem Brief an seine Angestellten. "Führungsverantwortliche in Wirtschaft und Politik haben die Aufgabe, Menschen zusammenzuführen und nicht auseinander zu treiben." Er trat aus Trumps "Forum für Strategie und Politik" aus. Stephen A. Schwarzman, Gründer der Investmentgesellschaft Blackstone, erklärte das "Forum für Strategie und Politik" im Namen der bisherigen Mitglieder für aufgelöst.

General Electrics: Trump agiert "Besorgnis erregend"

"Rassismus und Mord sind uneingeschränkt verwerflich", urteilte Denise Morrison, CEO von Campbell Suppen. "Man darf sie nicht moralisch auf eine Stufe mit anderen Vorkommnissen in Charlottesville stellen. Der Präsident muss da ganz eindeutig sein." Morrison beendete ihre Mitgliedschaft im "White House’s Manufacturing Jobs Initiative", dem Beirat zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Ein anderes Mitglied, Jeff Immelt, CEO von General Electric, erklärte ebenfalls seinen Rücktritt. Trump verhalte sich "Besorgnis erregend". Auch dieses Gremium existiert nach dem Massenexodus nicht mehr.

Bereits vor einigen Wochen hatte sich Elon Musk, CEO des Elektroauto-Produzenten Tesla, aus dem Umwelt-Beirat des Weißen Hauses zurückgezogen. Er protestierte damit gegen Trumps Entscheidung, das Pariser Klimaschutzabkommen zu kündigen.

Trump schlägt in bekannter Art zurück

Trump stellt die Entwicklung in der ihm eigenen Art ganz anders dar. Nicht die Wirtschaftselite kehre ihm den Rücken, behauptet er. Sondern er habe die Beratergremien von sich aus aufgelöst, weil die Mitglieder sich als Nichtsnutze erwiesen hätten. Man kennt das von Trump, dass er Kritik mit umso härterer Gegenkritik beantwortet. Auf den Rückzug des Merck-CEO Frazier hatte er mit dem höhnischen Tweet reagiert, dann habe der endlich Zeit, um "die ausbeuterischen Arzneimittelpreise zu senken". Wenige Tage zuvor hatte Trump Merck noch als "großartigen Wirtschaftsführer" gelobt.

Das "Wall Street Journal", das gewöhnlich weniger Trump-kritisch urteilt als die "New York Times" oder die "Washington Post", kommentiert: Ein republikanischer Präsident, der die Unterstützung der Wirtschaftselite verliert, "hat ein großes Problem".

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