Afghanistan-Krieg: USA starten Großoffensive gegen Taliban
Mehr als 4000 Soldaten kämpfen seit dem frühen Morgen in der Provinz Helmand gegen die Aufständischen. Es ist die größte Militäraktion seit dem Einmarsch der Alliierten.
Unterstützt von zahlreichen Kampfhubschraubern gehen neben mehr als 4000 US-Marineinfanteristen auch 650 afghanische Kräfte aus Armee und Polizei gegen die Taliban vor. Die Operation "Schwertstreich" begann nach Berichten von US-Medien in den frühen Morgenstunden und konzentriert sich auf die südafghanische Provinz Helmand. Sie gilt als Hochburg der Islamisten und Zentrum des Opiumanbaus.
"Der Einsatz unterscheidet sich von früheren durch die massive Truppenstärke und das Tempo, in dem wir vordringen", hieß es in der Erklärung von Brigadegeneral Larry Nicholson. Anders als bislang werde die Armee eine Reihe von Stützpunkten errichten und in den eroberten Gebieten in Helmand bleiben. Ziel sei, die Extremisten aus der Region zu vertreiben. "Wenn es gelingt, die Sicherheitslage in der Provinz langfristig zu verbessern und damit Stabilität zu schaffen, wird die Bevölkerung eine legitime Regierung einsetzen können, sagte ein Militärvertreter dem TV-Sender NBC.
Die Angriffe der Taliban waren so massiv geworden, dass die USA reagieren mussten. In den vergangenen zwei Monaten hatte die Führung in Washington rund 8500 Soldaten nach Helmand entsandt, um jetzt die größte Militäroffensive seit dem Einmarsch der alliierten Truppen in dem Land am Hindukusch einleiten zu können. Es ist zugleich die erste größere Operation mit der neuen Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama.
Dieser räumt dem Kampf gegen die Taliban in Afghanistan und im benachbarten Pakistan Vorrang vor dem Krieg im Irak ein, wo sich die US-Truppen bereits aus den Städten und Dörfern zurückzogen. Die Truppen in Afghanistan sollen dagegen um insgesamt 21.000 Soldaten verstärkt und ein neues Schwergewicht auf die zivile und wirtschaftliche Hilfe gelegt werden. Zudem wechselte Obama den eher glücklosen Kommandeur in Afghanistan, David McKiernan, inzwischen gegen General Stanley McChrystal aus. Letzterer gilt als Spezialist für verdeckte Militäroperationen.
Die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert sich zusehends. Nach den Worten des Kommandeurs der Truppen im Nahen und Mittleren Osten, General David Petraeus, verzeichneten die USA allein in der ersten Juni-Woche mehr als 400 Angriffe von Aufständischen – die höchste Zahl seit der von den USA geführten militärischen Niederschlagung des Taliban-Regimes 2001. Dagegen habe man im Juni vergangenen Jahres wöchentlich noch etwas weniger als 250 Taliban-Angriffe gezählt, im Januar 2004 seien es weniger als 50 pro Woche gewesen.
Die Bundeswehr, die im Norden Afghanistans stationiert ist, war von der Operation nicht betroffen. Doch auch die deutschen Soldaten geraten zunehmend ins Visier der Taliban. Am 23. Juni waren zwei Soldaten bei einem Feuergefecht in der Nähe der Stadt Kundus ums Leben gekommen. Die Männer stürzten bei einem Ausweichmanöver mit ihrem Transportpanzer vom Typ Fuchs in einen Wassergraben und starben. Mit einer Trauerfeier, an der auch Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) teilnehmen wird, nimmt die Bundeswehr an diesem Donnerstag Abschied von ihnen.
ZEIT ONLINE, dpa, Reuters