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Luftballons mit dem Logo der AfD (Symbolbild).

© Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Niederlage im Streit mit Verfassungsschutz: Verfassungsschutz kann AfD als Verdachtsfall einstufen

Das Oberverwaltungsgericht Münster lehnt Beschwerden der AfD ab – und ebnet den Weg für die Bewertung der Partei als Verdachtsfall.

Von Frank Jansen

Die AfD hat im Rechtsstreit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) um eine Einstufung als "Verdachtsfall" für rechtsextremistische Bestrebungen eine weitere Niederlage kassiert. Das Oberverwaltungsgericht Münster wies am Donnerstag die Beschwerden der Partei gegen zwei Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom Januar zurück, die negativ für die AfD ausgefallen waren. Die Richter in Münster bestätigten die Ablehnung von Anträgen der Partei, mit dem Erlass von "Zwischenregelungen" das BfV zu blockieren.

Die AfD wollte erreichen, dass die Richter dem Bundesamt untersagen, die gesamte AfD als Verdachtsfall zu bewerten und die Mitgliederzahl der parteiinternen Vereinigung "Der Flügel" zu nennen. Das BfV spricht allerdings schon lange von 7000 Mitgliedern. Im März 2020 hatte das Bundesamt den besonders radikal auftretenden Flügel als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft. Das ist noch härter als "Verdachtsfall", der Flügel wurde damit ein klassisches Beobachtungsobjekt wie die NPD. Allerdings kann der Verfassungsschutz auch schon bei einem Verdachtsfall nachrichtendienstliche Mittel wie die Überwachung des E-Mail-Verkehrs einsetzen.

Die juristischen Chancen der AfD schrumpfen

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster wird der Partei weh tun, auch wenn das von ihr im Januar angestrengte Eilverfahren gegen das BfV nach den abgelehnten "Zwischenregelungen" weiterläuft. Die Chancen, im Eilverfahren am Ende doch einen Richterspruch gegen das Bundesamt zu erreichen, sind offenbar weiter geschrumpft. Das Oberverwaltungsgericht hat indirekt sogar dem BfV signalisiert, es könne die Partei demnächst zum Verdachtsfall erklären.

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Da das BfV im Rechtsstreit zugesagt hatte, vor dem Ende des Eilverfahrens eine Einstufung als Verdachtsfall nicht öffentlich zu machen und auf eine nachrichtendienstliche Beobachtung von AfD-Abgeordneten und Kandidaten der Partei bei den bevorstehenden Wahlen zu verzichten, sehen die Richter keinen Grund mehr, das Bundesamt aufzuhalten. Dass der Verfassungsschutz bei einer Einstufung der Gesamtpartei als Verdachtsfall einfache AfD-Mitglieder überwachen könnte, hat die Partei nach Ansicht des Oberverwaltungsgericht auch vor einer Entscheidung im Eilverfahren hinzunehmen. Anderenfalls bestünde aus Sicht der Richter die Gefahr, dass Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung "fortbestünden und sich verstärkten", wie es in der Mitteilung aus Münster heißt.

Bundesinnenministerium prüft noch Gutachten des BfV

Die beiden Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts sind unanfechtbar. Damit ist zumindest juristisch der Weg für das Bundesamt frei, die AfD komplett als Verdachtsfall zu deklarieren. Wann es so kommt, hängt nun offenbar davon ab, wieviel Zeit das Bundesinnenministerium noch für die Prüfung des dicken Gutachtens des BfV zu rechtsextremistischen Bestrebungen benötigt. Ohne grünes Licht aus dem Ministerium wird das Bundesamt die Einstufung als Verdachtsfall nicht auslösen. Vermutlich wird es aber nicht mehr lange dauern.

Im Januar 2019 hatte das Bundesamt die Gesamtpartei als "Prüffall" bewertet und den Flügel bereits als Verdachtsfall. Nach der Hochstufung des Flügels zum klassischen Beobachtungsobjekt zeichnete sich bereits ab, dass die Gesamtpartei auch eine Stufe härter bewertet werden könnte - zumal die Flügel-Leute in der AfD offenbar weiter an Einfluss gewinnen.

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