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Die Regierung will die Pius-Bruderschaft nicht vom Verfassungsschutz beobachten lassen.

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Verfassungsschutz: Toleranz gegenüber Pius-Brüdern

Regierung will Gemeinschaft nicht vom Verfassungsschutz beobachten lassen. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck hält das für einen Fehler.

Von Matthias Meisner

Berlin - Die Bundesregierung sieht bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. „keine hinreichenden verdachtsbegründenden Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Aktivität“ – die katholische Traditionalistenvereinigung wird deshalb vom Bundesamt für Verfassungsschutz nicht beobachtet. Auch zukünftig ist das nicht geplant, wie aus einer dem Tagesspiegel vorliegenden Antwort von Innen-Staatssekretär Ole Schröder (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht.

Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck hatte an die Adresse der Bundesregierung einen umfangreichen Zitatenkatalog zusammengetragen, in dem die Piusbruderschaft selbst oder ihre führenden Vertreter an Grundwerten wie Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit zweifeln, sich antisemitisch äußern, Homosexualität anprangern, die Todesstrafe fordern und die Demokratie infrage stellen.

Die Bundesregierung nahm die Steilvorlage Becks nicht an. Innen-Staatssekretär Schröder schrieb: „Auch wenn einige Äußerungen von Vertretern der Piusbruderschaft nicht unumstritten sein dürften, lassen sich hieraus noch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine extremistische Ausrichtung der Organisation insgesamt ableiten.“ Die Landesämter für Verfassungsschutz sehen das demnach ebenso. Unabhängig von der Bewertung der Aussagen der Piusbruderschaft bleibt das Innenministerium auch wortkarg zur Bedeutung der Priestervereinigung in Deutschland. Auf die Frage Becks, wie viele Schulen, Krankenhäuser, Altersheime und sonstige soziale Einrichtungen die Piusbruderschaft in Deutschland betreibe, heißt es knapp, die Regierung habe dazu „keine Erkenntnisse“.

Die Bundesregierung wolle „von den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Piusbruderschaft nichts wissen“, sagte Beck dem Tagesspiegel. Speziell das Bundesinnenministerium stelle sich „blind und taub“, offenbar wollten die CDU und Innenminister Thomas de Maizière keine Auseinandersetzung mit diesem Teil des rechten Randes. „Es ist schon ein starkes Stück, wenn Holocaustleugnung und Forderung nach Aufhebung zahlreicher Grund- und Menschenrechte von der Bundesregierung mit der Formel, diese Forderungen seien ,nicht unumstritten’, abgetan werden.“ Religiöser Fundamentalismus – egal ob christlich oder islamisch – gefährde den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft.

Beck hatte sich unter anderem auf Äußerungen des Distriktoberen der Bruderschaft für Deutschland, Pater Franz Schmidberger, bezogen. Der hatte demnach 2007 in einem Aufsatz geschrieben, die Gewalt in Staat und Gesellschaft „geht nicht vom Volk aus, von der Basis aus, sondern von Gott“. „Falsche Religionen und Kulte“ gehörten verboten oder allenfalls geduldet. Eine staatliche Neutralität gegenüber den Religionen dürfe es nicht geben, vielmehr müsse der Staat das Wirken der katholischen Kirche fördern, schützen und verteidigen.

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