
© dpa/Bernd Weißbrod
Verkehr in Berlin und Stuttgart blockiert: Klimaaktivisten wegen Nötigung zu Geldstrafen verurteilt
Drei Aktivisten der „Letzten Generation“ müssen Geldstrafen von insgesamt mehr als 9000 Euro zahlen. Die Evangelische Kirche lud derweil eine Aktivistin zu ihrer Synode ein.
Stand:
Nach Straßenblockaden im Berufsverkehr wurden in Berlin und Stuttgart drei Klimaschutzaktivisten der Protestgruppe „Letzte Generation“ zu Geldstrafen verurteilt. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten sprach am Dienstag einen 31-jährigen Protestierenden der Nötigung schuldig und verhängte gegen ihn eine Strafe in Höhe von 1650 Euro.
„Leider bleibt uns nichts Anderes übrig“, sagte der Angeklagte zu seiner Beteiligung an zwei Blockaden im Januar und Juni in der Hauptstadt. Den Prozess gegen ihn bezeichnete er als „juristische Farce“ und forderte deshalb einen Freispruch oder „eine angemessene Strafe“. Konkret verlangte der 31-Jährige, der sich selbst vertrat, eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
Niemand habe das Recht, andere für die Durchsetzung seiner Ziele zu instrumentalisieren, sagte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Bei einem Ersttäter und den verhandelten Delikten komme jedoch nichts Anderes als eine Geldstrafe im unteren Rahmen in Betracht. Mit der von ihr verhängten Strafe lag sie leicht über dem Antrag der Staatsanwältin. Diese hatte eine Geldstrafe von 1500 Euro gefordert. In der Hauptstadt gab es damit bislang neun Verfahren gegen Mitglieder der „Letzten Generation“.
Auch in Stuttgart wurden am Montagabend zwei Aktivisten wegen Straßenblockaden zu Geldstrafen verurteilt, einer zu 2200 Euro und der andere zu 5500 Euro. Die beiden hatten im Mai und Juni drei- oder viermal in Stuttgart die Straße blockiert, wie ein Sprecher des Amtsgerichts am Dienstag sagte.
Einer der beiden Demonstranten war demnach nicht selbst bei der Verhandlung anwesend, weil er derzeit wegen Blockaden in München in Polizeigewahrsam ist. Er wurde durch seinen Verteidiger vertreten. Am Mittwoch steht dem Gericht zufolge bereits die nächste Verhandlung gegen einen weiteren Klimaschutzaktivisten an. Auch hier lautet der Tatvorwurf Nötigung. Die Entscheidungen aus Stuttgarter und Berlin sind noch nicht rechtskräftig.
Kritik nach Unfall in Berlin
Seit Monaten blockiert die „Letzte Generation“ deutschlandweit immer wieder Straßen und Autobahnen. Seit einem schweren Unfall in Berlin, infolgedessen eine Radfahrerin starb, steht die Gruppe aber verstärkt unter Kritik.
Ein Spezialfahrzeug der Feuerwehr, das helfen sollte, die verletzte Frau zu retten, steckte in einem Stau, der von dem Klima-Protest ausgelöst worden sein soll. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete aber, dass der verspätete Wagen nach Einschätzung der Notärztin keine Auswirkungen auf eine mögliche Rettung der Frau hatte.
Politiker von CDU und CSU hatten anschließend Strafverschärfungen gefordert. Die Unionsfraktion will in dieser Woche mit einem Antrag im Bundestag unter anderem den Straftatbestand der Nötigung so ändern, dass es zu einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten für sogenannte Straßenkleber kommt, die Rettungskräfte behindern. Ampel-Politiker hatten die Proteste ebenfalls deutlich kritisiert. Forderungen nach einer Strafverschärfung wiesen sie jedoch zurück.
Klimaaktivistin redet auf EKD-Synode
Einen anderen Ansatz verfolgt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Die EKD lud eine Klimaaktivistin der „Letzten Generation“ zu ihrer Synode in Magdeburg ein und rief Politikerinnen und Politiker auf, dem Beispiel der Kirche zu folgen.

© imago/epd/Heike Lyding
In ihrer Rede vor der EKD-Synode verteidigte die Klimaaktivistin Aimée van Baalen die umstrittenen Proteste. Rund 15 Minuten bekam sie das Podium, um ihre Beweggründe und Forderungen vorzutragen.
Menschen setzten ihre körperliche Unversehrtheit, ihre berufliche und familiäre Zukunft sowie ihren Alltag aufs Spiel, „weil alle anderen Protestformen erschöpft wurden“, sagte die Vertreterin der Bewegung, die mit Straßenblockaden und Lebensmittelattacken auf Kunstwerke für Kritik sorgt. Man greife zu diesen Protestformen, weil warnende Stimmen weiterhin ignoriert würden und „weil wir Zuversicht und Nächstenliebe im Herzen tragen“.
Van Baalen beendete ihre Rede mit dem Satz: „Vielen Dank, dass Sie sich solidarisieren.“ Ein größerer Teil der Delegierten des Kirchenparlaments antwortete ihr danach mit stehendem Applaus. (AFP/dpa/epd)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: