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Pistorius vor Patriots. Der Verteidigungsminister hat sich vergangenes Jahr in Mecklenburg-Vorpommern ein Bild von der Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem Raketenabwehrsystem gemacht.

© dpa/Bernd Wüstneck

Verteidigungsminister reist zu Hegseth: Bei Pistorius’ USA-Besuch steht ein möglicher Patriot-Deal für die Ukraine im Fokus

Es gibt viele Themen beim Antrittsbesuch im Pentagon, zu dem der Verteidigungsminister an diesem Morgen aufbricht. Akut ist vor allem der mögliche Kauf von Patriot-Abwehrraketen für die Ukraine.

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Der Mann, der Boris Pistorius am frühen Abend mitteleuropäischer Zeit in Washington empfangen wird, gehört zu den scharfzüngigsten und skurrilsten Vertretern der in dieser Kategorie ohnehin gut besetzten Trump-Administration. An einem Onlinechat, in dem es um US-Angriffspläne im Jemen ging, nahm Pete Hegseth von einem privaten Handy aus teil – gegen jede Vorsichtsregel.

Der ehemalige Moderator des Senders Fox News war es auch, der die Europäer warnte, die Amerikaner nicht wie „Trottel“ zu behandeln, indem sie den USA die Verantwortung für ihre eigene Sicherheit aufbürdeten. Später, als mit Blick auf den Nato-Gipfel immer klarer wurde, dass die Alliierten seine finanziellen Forderungen erfüllen würden, lobte Hegseth, dass „sogar Deutschland“ nun viel höhere Verteidigungsausgaben anstrebt.

Während man sich also bei der Lastenteilung im Bündnis oder weiteren Stationierung von US-Truppen in Europa wieder nähergekommen war, galt das für die Unterstützung der Ukraine bisher ausdrücklich nicht – weder bei neuen Sanktionen gegen Moskau noch bei neuen Waffenlieferungen für Kiew. Hegseth ließ Medienberichten zufolge kürzlich sogar den Zufluss bereits zugesagter Systeme versiegen – ohne Absprache mit Präsident Donald Trump, der wenige Tage später dann doch wieder Verteidigungswaffen in Aussicht stellte.

Die Chefs haben den Patriot-Deal vorbereitet

Dazu zählen insbesondere Patriot-Raketenabwehrsysteme, die beim Besuch von Pistorius eine große Rolle spielen werden. Der Minister könnte einen Deal abschließen, den Bundeskanzler Friedrich Merz, Trump und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche eingefädelt haben sollen.

Die Patriots sind zentral für die Luftverteidigung und den Schutz von Zivilisten und kritischer Infrastruktur in der Ukraine.

Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München

„Deutschland ist bereit“, sagte Letzterer auf einer Pressekonferenz in Rom, „zwei Systeme zu bezahlen.“ Merz deutete dies ohne konkrete Zahl ebenfalls an, Trump erklärte nun kurz vor Pistorius’ Abflug, wie er den Amerikanern zu verkaufen gedenkt, dass er der Ukraine doch mehr US-Waffensysteme zukommen lassen will – über den Umweg der Europäischen Union, wie er sagte: „Für uns wird das ein Geschäft sein, und wir werden ihnen Patriots senden, die sie dringend brauchen.“

Ein System kostet bis zu einer Milliarde Euro. Bezahlt würde der Kauf aus der sogenannten Ertüchtigungsinitiative im Einzelplan 60 des Bundeshaushalts. Auf die rund neun Milliarden Euro, die darin für dieses Jahr für die Ukraine vorgesehen sind, kann die Regierung ohne gesonderte Zustimmung des Parlaments zugreifen.

Die militärische Notwendigkeit dafür ist zuletzt immer größer geworden. „Die Patriots sind zentral für die Luftverteidigung und den Schutz von Zivilisten und kritischer Infrastruktur in der Ukraine – wir sehen ja, dass die Angriffe mit Drohnen und ballistischen Raketen immer umfangreicher werden und damit die existierenden Systeme überlasten“, sagte Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München dem Tagesspiegel: „Da ist es hilfreich, dass man zusätzliche Systeme hat, damit sich die Abschussquote verbessert.“

Unionsfraktions-Chef Hardt gibt sich optimistisch

„Jeder Patriot in der Ukraine bedeutet weniger tote Zivilisten, weniger Raketenterror, weniger Gefahr, dass Polen oder das Baltikum beschossen wird, und mehr Chancen auf Frieden“, sagt auch Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, dem Tagesspiegel. Die „Bereitschaft der USA, über einen Export von Patriots zu reden, ist sehr zu begrüßen“.

Er hatte sich schon vor Trumps Äußerung in der Nacht optimistisch gezeigt, dass die Vereinbarung über einen Kauf durch Deutschland und eine Genehmigung für die Weitergabe an die Ukraine zustande kommen kann, obwohl Pistorius’ Gastgeber Hegseth gegenüber Kiew bisher zu den Hardlinern zählte. Die neue Ansage seines Präsidenten könnte dazu führen, dass die Verteidigungsminister nur noch über die Details und letzte offene Fragen sprechen werden.

„Der Export dieser rein defensiven Waffen muss keine Vorentscheidung für eine neue Ukrainepolitik der USA sein“, so Hardt: „Putins Raketenterror und Friedensunwillen gehen Trump offensichtlich gegen den Strich – Trump will Frieden, und Putin ist das Hauptfriedenshindernis.“

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