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Sigmar Gabriel (Mitte links) und Volker Rühe (Mitte rechts) stellen sich den Fragen beim „Tagesspiegel-Talk“.

© Fabian Löhe

„Tagesspiegel-Talk“: Verteidigungspolitik „zu bequem“ und „Pillepalle“

Wie soll sich Deutschland in Sicherheitsfragen aufstellen? Darüber diskutierten die Ex-Minister Volker Rühe und Sigmar Gabriel. Seitenhiebe inklusive.

Volker Rühe ist die Debatte über die deutsche Sicherheitspolitik bisher zu „Pillepalle“ gewesen, Sigmar Gabriel beklagt, dass es sich die Deutschen – und insbesondere SPD-Politiker – bei Verteidigungsfragen „viel zu bequem“ gemacht haben. Sicherheitsfragen, da sind sich der ehemalige SPD-Außenminister und der frühere CDU-Verteidigungsminister beim ersten „Tagesspiegel-Talk“ in Kooperation mit dem Museumsverein des Deutschen Historischen Museums im Zeughaushof des Museums vor knapp 400 Gästen schnell einig. Aber was genau soll Deutschland machen? Dazu befragten Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron und Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion die beiden Politiker.

„Wir müssen ein strategischer Partner sein. Die Deutschen müssen den größten konventionellen Beitrag zur europäischen Verteidigung leisten“, sagte Rühe, der während der Balkankriege im Amt war. Kritisch gegenüber der CDU/CSU äußerte sich der Unionspolitiker zur Aussetzung der Wehrpflicht, die „zu schnell“ umgesetzt worden sei. Die Hintergründe der aktuellen Verteidigungspolitik würden zu wenig erklärt – ein unverhohlener Seitenhieb auf die aktuelle Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Mit Blick auf den vor allem von den USA geforderten Anstieg der Verteidigungsausgaben auf einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von zwei Prozent argumentierte Rühe für eine neue Stoßrichtung. „Wir brauchen ein Bundeswehr-Fähigkeiten-Gesetz, das schafft auch Vertrauen.“ Darin solle festgelegt werden, was für die Streitkräfte gebraucht werde – ohne jedoch das Haushaltsgesetz auszuhebeln.

Zwei-Prozent-Ziel als Pflicht

Sigmar Gabriel widersprach. Deutschland werde aufgrund seiner Verpflichtungen gegenüber der Nato um das Zwei-Prozent-Ziel nicht herumkommen. Doch auch er zeigte sich selbstkritisch. „Wir Sozialdemokraten haben in der Sicherheitspolitik aus dem Blick verloren, dass sich die Machtachsen verschoben haben“, sagte er. Seine Partei habe zu sehr verinnerlicht, dass sich Deutschland mitunter gerne wie die Schweiz fühlen wolle: wirtschaftlich erfolgreich, aber politisch unbedeutend.

Das gelte zunehmend auch für viele Europäer, die sich lieber auf den Errungenschaften des Kontinents ausruhen wollten, anstatt sie zu verteidigen. „Europa ist im Rentenalter angekommen.“ Hier müsse sich Deutschland stärker einmischen. „Wir brauchen eine Machtprojektion.“

Mit Blick auf die Lage der SPD setzte Volker Rühe auch hier zu einem kleinen Seitenhieb an: „Die Sozialdemokraten sollten sich zusammenraufen – aber das gilt auch ganz generell.“

Update: Dieser Text wurde um den Hinweis auf die Kooperation zwischen Tagesspiegel und dem Museumsverein des Deutschen Historischen Museums ergänzt.

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