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Bitte, wo geht's raus aus der Krise? Bisher schieben Bund, Länder, Kommunen nur gegenseitig Schuldzuweisungen hin und her. (Szene aus Erfurt)

© Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa

Corona und die Risikoanalyse von 2012: "Vielfältige Kompetenz der Bundesbehörden"

Eine Ad-hoc-Kommission sollte ab sofort Lehren aus den Pandemie-Defiziten erarbeiten. Und dabei nicht zu sehr auf die Risikoanalyse von 2012 schauen. Ein Kommentar.

Stand:

Wären die Europäer, wären die Deutschen beim Lösen von Problemen so schnell und erfindungsreich wie bei deren Benennung, könnten wir zu exzellenten Krisenbewältigern werden. Fakt ist leider, dass auf diesem überorganisierten Kontinent und auf allen Ebenen der Europäischen Union bis hinunter in die Kommunen der Mitgliedsstaaten das Reglement der Vorschriften die Spontanität erstickt. Daraus gibt es nur einen Lösungsweg: sich zusammensetzen, und zwar schnell, die Defizite benennen, und dann beseitigen.

Was wir jetzt statt neuer Schuldzuweisungen brauchen, ist eine Art Ad-hoc-Expertenkommission, in der alle Entscheidungsebenen vertreten sind, die schnell analysieren, wo auf welchen Ebenen welche Fehler gemacht wurden und wie die sich durch ungeeignete Kommunikationswege oder Vorschriften weiterverbreitet haben.

Das ist nicht nur deshalb dringlich, weil die Aggressivität und Ansteckungsgeschwindigkeit der Mutationen des Covid-19-Erregers längst viel stärker ist als das ursprüngliche Virus, mit dem die Pandemie vor ziemlich genau einem Jahr nach Deutschland kam. Es ist auch deshalb so dringlich, weil die Herausforderung an unser Gemeinwesen umso größer wird, je langsamer geimpft wird.

Um da mehr Tempo zu bekommen, müssen schnell auch unkonventionelle Wege gefunden werden. Da hilft auch der Blick in Nachbarländer und über den Atlantik in die USA – und immer wieder auch der bislang ausbleibende nach Fernost.

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Was wir dagegen nicht tun dürfen: Uns darauf ausruhen, dass wir noch immer alles hinbekommen haben. Dass wir eigentlich doch immer noch super sind. Das waren wir im Licht der aktuellen Pandemie schon im Jahr 2012 nicht. Von da datiert die oft zitierte Risikoanalyse, die Auswege aus einer – damals nur ausgedachten – Lungenkrankheitspandemie skizziert, beziehungsweise Schwachpunkte bei deren Bekämpfung auflistet. Schon die Analyse ist in einem entscheidenden Punkt auch falsch gewesen: Sie sparte die Kommunen aus.

Kommunen? Nicht wichtig, heißt es überheblich

Dazu heißt es in ihrer Bilanz lediglich leicht überheblich, es sei „aus der übergeordneten Perspektive des Bundes nicht möglich – aber auch nicht notwendig –, die Auswirkungen eines Ereignisses auf klein- oder kleinsträumiger Ebene im Detail abzuschätzen“. Statt dessen meinten die Initiatoren, dass „die auf Ebene des Bundes etablierten Strukturen und Verfahren sich ... in der Praxis bewährt“ hätten. Besonders gelte das für die Bündelung vielfältiger Fachkompetenz durch die Mitwirkung zahlreicher Bundesbehörden. - Wie man sich doch irren kann.

Gerd Appenzeller

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