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Dieses Satellitenbild von Planet Labs PBC zeigt den Luftwaffenstützpunkt Saki vor einer Explosion.

© Planet Labs Pbc/Planet Labs PBC/AP/dpa

Partisanen, Spezialkräfte und ein neues Raketensystem: Vier bemerkenswerte Vorfälle im Süden der Ukraine und wie sie zusammenhängen

Direkt an der Front gibt es derzeit kaum entscheidende Ereignisse. Anders in den russisch besetzten Gebieten. Ein Überblick.

Vor Wochen schon kündigte die Ukraine eine großangelegte Gegenoffensive im Süden an. Ziel ist die Rückeroberung der Region Cherson mit ihrer gleichnamigen Hauptstadt. Noch aber fallen die Gebietsgewinne überschaubar aus. Russland verlegt unterdessen vermehrt Truppen aus dem Donbass in die Schwarzmeerregion.

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Während an der Front wenig Bewegung herrscht, kam es auf russisch besetztem Gebiet in den vergangenen Tagen zu bemerkenswerten Ereignissen.

Der Bürgermeister von Cherson wird plötzlich krank

Am Wochenende erkrankte der von Russland in Cherson eingesetzte Bürgermeister, Vladimir Saldo, und musste nach Moskau zur weiteren Behandlung ausgeflogen werden. Berichten zufolge soll er im Koma liegen. Nach Angaben des "New York Times"-Reporter Michael Schwirtz wurde Saldo von ukrainischen Partisanen vergiftet. Offenbar wurde die Operation über mehrere Monate geplant. Er ist nur einer von zahlreichen Helfern Russlands, die zuletzt Anschlägen zum Opfer fielen.

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Ein stellvertretender Bürgermeister wird angeschossen

Weniger als 24 Stunden nach dem Vorfall um Saldo wurde der stellvertretende Bürgermeister der am Dnepr in der Region Cherson gelegenen Stadt Nowa Kachowka vor seinem Haus angeschossen, wie eine Sprecherin der Region mitteilte. Dabei soll es sich wohl um den russischen Kollaborateur Vitaly Guru handeln. Auch hier sollen Partisanen hinter dem Angriff stecken.

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Nowa Kachowka war zuletzt Ziel zahlreicher ukrainischer Angriffe. Wichtig ist die Stadt, weil es dort an einem Staudamm eine von drei Brücken über den Dnpr gibt. Auch sie wurde schon Ziel von Angriffen. Die Ukrainer wollen so verhindern, dass die Russen weiter Nachschub über den Fluss bringen.

Am Strand von Saky auf der Krim steigt nach der Explosion auf dem Flugfeld Rauch auf.
Am Strand von Saky auf der Krim steigt nach der Explosion auf dem Flugfeld Rauch auf.

© Uncredited/Anonymous/AP/dpa

Die beiden Vorfälle binnen kurzer Zeit unterstreichen ein zentrales Problem der russischen Armee: die besetzen Gebiete langfristig unter Kontrolle zu halten. Experten hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass Partisanen-Aktivitäten ein ernsthaftes Problem für Russland darstellen könnten.

Raketenschläge tief auf russisch besetztem Gebiet

Am Dienstagvormittag zerstörten ukrainische Raketen ein Munitionsdepot in Novoalekskiivka, nahe der Grenze zur Krimhalbinsel – und damit gut 150 Kilometer entfernt von der eigentlichen Frontlinie.

Am Nachmittag ereigneten sich dann auf einem russischen Militärflugplatz auf der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel heftige Explosionen. Beobachter sprechen von zwölf Detonationen.

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In einem Depot auf dem Gelände des Militärflugplatzes Saki nahe Nowofjodorowka sei Munition explodiert, zitierten russische Nachrichtenagenturen die russische Armee am Dienstag. Auf Satellitenaufnahmen ist zu erkennen, dass sich zu dieser Zeit insgesamt rund 40 Kampfflugzeuge auf dem Gelände befanden.

Hinzu kommen einige Hubschrauber. Mindestens zehn Flugzeuge sollen der Ukraine zufolge zerstört worden sein. Das ukrainische Verteidigungsministerium vermeldete später, es seien neun Flugzeuge durch die Explosionen zerstört worden.

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Die genau Ursache der massiven Explosionen auf der Halbinsel ist weiter unklar. Von ukrainischer Seite heißt es, dass Spezialkräfte an der Operation beteiligt waren. Zusätzlich könnten Drohnen oder Raketen eingesetzt worden sein.

Dass die Ukraine nun Ziele soweit hinter der Frontlinie erfolgreich angreift, ist ungewöhnlich. Denn die Mehrfachraketenwerfer aus westlicher Produktion haben aktuell eine Maximalreichweite von 80 Kilometern.

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Der Fokus richtet sich daher auf sogenannte Boden-Boden-Raketen. Allerdings hat die ukrainische Armee bisher eigentlich keine eigenen Waffensysteme mit einer derart großen Reichweite in Betrieb.

Ist die Ukraine im Besitz neuer Boden-Boden-Raketen?

Allerdings könnte die Ukraine dem Militärexperten Gustav Gressel zufolge womöglich erstmals selbstentwickelte Raketen des Typs Grom-2 mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern eingesetzt haben. Diese wären allerdings auf die jüngst von den USA gelieferten Anti-Radar-Raketen vom Typ AGM 88 Harm angewiesen, um ein Loch in die russische Luftverteidigung zu schlagen, schreibt er auf Twitter.

"Ich will nicht ausschließen, dass die Grom-2 nun bereits im Einsatz ist", mutmaßt auch Wolfgang Richter, Oberst a.D. und Militärexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, im ZDF. Die "New York Times" zitierte am Dienstag einen anonymen ukrainischen Offiziellen, dem zufolge eine Waffe "aus exklusiv ukrainischer Fertigung" bei dem Angriff zum Einsatz gekommen sei.

Dass Flugzeuge den Angriff auf der Krim unterstützt haben, hält Richter für nahezu ausgeschlossen. "Das wäre ein großer Luftangriff und eher unwahrscheinlich. Selbst mit Luft-Boden-Raketen müssten die Flugzeuge auf etwa 100 Kilometer an das Ziel auf der Krim heranfliegen. Das hätte die russische Flugabwehr mitbekommen."

Fazit: Die Ereignisse in den vergangenen Tagen auf russisch besetztem Territorium haben vor allem ein Ziel: Die russischen Kräfte bei der Verteidigung der Region und der Stadt Cherson zu schwächen. Mit der Zerstörung der russischen Kampfflugzeuge ist genau das gelungen.

Die Anschläge von Partisanen hingegen führen zu einer zusätzlichen Zermürbung auf Seiten der russischen Besatzer. Immer deutlich wird, wie schwer es in Zukunft sein dürfte, besetzte Regionen auch politisch unter Kontrolle zu halten. (TSP)

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