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Wahlbeobachtung in Russland: "Vier gleich große Stapel mit Stimmzetteln"

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck war als Wahlbeobachterin in Russland. Im Interview berichtet sie von ihren Erlebnissen.

Sie waren als Beobachterin in Russland. Wie haben Sie die Wahlen erlebt?

Ich habe einen sehr kleinen Kosmos von 15 Wahllokalen gesehen. In jedem waren wir nur 20 bis 30 Minuten, hinter die Kulissen schauen kann man dabei nicht. Russische Beobachter von der Partei Jabloko haben aber berichtet, dass jemand mit 15 Wahlzetteln auf einmal kam. Bei der Auszählung verteilten sich die Stimmzettel auf vier fast gleich große Stapel. Die Kommunisten waren mit 28 Prozent stärkste Kraft, auf dem zweiten Platz lag Jabloko, Einiges Russland erhielt nur etwa 20 Prozent. Um auf das angebliche landesweite Ergebnis zu kommen, brauchte man schon Helfer wie den tschetschenischen Republikchef Kadyrow, der bei einer Wahlbeteiligung von 93 Prozent 99 Prozent für Einiges Russland meldete.

Russische Beobachter wurden schikaniert. Wie ist ihre Situation jetzt?

Die Wahlbeobachter von Golos wurden in ihren Arbeitsmöglichkeiten stark eingeschränkt, Internetseiten waren gesperrt. Man muss damit rechnen, dass Putin und Medwedew vor der Präsidentenwahl im März mit allen Mitteln kritische Beobachtung verhindern. Es wäre ein Skandal, wenn Golos weiter in der Arbeit behindert würde.

Was bedeutet das Wahlergebnis für Putin?

Es gibt einen massiven Vertrauensverlust in der russischen Bevölkerung. Die dreiste Vorstellung von Putin und Medwedew, als sie ihre Rochade ankündigten, ging selbst den russischen Bürgern zu weit.

Was soll Deutschland tun?

Wir sollten demokratische Parteien wie Jabloko und Parnas trotz ihrer Schwächen ernst nehmen und ihnen ein Forum bieten.

Marieluise Beck ist Grünen-Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Osteuropapolitik. Mit ihr sprach Claudia von Salzen.

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