
© dpa/Michael Kappeler
Von Trump gab es sogar Schmeicheleien: Merz hat sich tapfer geschlagen, darf sich aber nicht blenden lassen
Friedrich Merz hat das erste Treffen mit Donald Trump gut gemeistert. Das ist viel wert, da Deutschland Amerika noch braucht. Verlassen darf sich der Kanzler dennoch nicht auf ihn.

Stand:
Darf es schon als Erfolg gelten, vor der Weltöffentlichkeit nicht vorgeführt worden zu sein wie ein kleiner Schuljunge? Kann sich Friedrich Merz wirklich bereits dafür auf die Schultern klopfen lassen, den Antrittsbesuch im Weißen Haus weitgehend unfallfrei absolviert und sogar eine Reihe von Schmeicheleien gehört zu haben?
„Ja“ lautet die verstörende Antwort im verstörenden Donald-Trump-Zeitalter.
Es ging nicht um politische Durchbrüche oder neue Initiativen, herkömmliche Maßstäbe also, nach denen solche Gespräche bisher beurteilt wurden. Schadensbegrenzung über eine persönliche Beziehung war das Ziel, damit transatlantisch nicht alles noch schlimmer kommt. Denn ein abruptes Ende etwa der US-Militärpräsenz können sich Deutschland und Europa (noch) nicht leisten.
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Der Eklat blieb aus – auch weil Merz gut vorbereitet war
Das ist gelungen. Merz hat sich tapfer geschlagen und auch den Test gemeistert, vor den ihn Trump mit einer kurzfristigen Ablaufänderung stellte. Statt erst in einem persönlichen Gespräch warm miteinander zu werden, ging es gleich vor die Presse – Eskalationsgefahr wie einst beim ukrainischen Präsidenten inklusive.
Der Eklat blieb aus, Trump war milde gestimmt, verzichtete auf jede Form der Attacke, sprach ohnehin meist über andere Themen und sich selbst. Merz wiederum vermied es geschickt, Angriffsfläche zu bieten.
Zwischenzeitlich verfolgte der Kanzler diesen Plan so konsequent und still, dass man sich wünschte, er widerspräche dem Showman im Weißen Haus lautstark. Zur Ukraine stellte er am Schluss zum Glück klar, wer für ihn Täter und wer Opfer ist – sonst hätte der Besuch doch noch einer Vorführung geähnelt.
So aber kann die Zusammenarbeit der beiden beginnen – so schwierig sie auch sein wird. Wenig ist das nicht, wenn man bedenkt, wie Trump und sein MAGA-Team schon über Deutschland und Europa gesprochen haben. In ihrer Geschichtsvergessenheit behaupten sie, die EU gebe es nur, um den USA zu schaden.
Unvergessen auch der Münchner Auftritt von Trumps Vize J.D. Vance, der eine diktatorische Unterdrückung der Meinungsfreiheit anprangerte und mit Entzug von US-Sicherheitsgarantien drohte.
Merz war gut präpariert. Er hat im Vorfeld das Seine dafür getan, dass er sich zwar viel Irrsinn, aber eben keine gegen Deutschland gerichteten Vorwürfe anhören musste. Im Zollstreit etwa war sein größtes Pfund die europäische Abstimmung vor der Stippvisite nach Washington, mit der er Trump kein Einfallstor bot, um den größten Handelsblock der Welt mit separaten Deals zu spalten. Es ist der größte Unterschied im Vergleich zu seinem SPD-Vorgänger Olaf Scholz.
Außenpolitischer Lohn für innenpolitische Kehrtwende
Monatelang hat der Kanzler vorbereitet, dass der Präsident Deutschland nicht mehr vorwerfen kann, seine Verteidigung nur den USA aufzubürden. Innenpolitisch musste der CDU-Chef viel aushalten, weil er sich erst nach der Wahl zur Reform der Schuldenbremse für viel höhere Rüstungsausgaben bekannte – außenpolitisch konnte er sich jetzt den Lohn dafür abholen.
Diesen Monat stehen noch der G7- und der Nato-Gipfel an. Gehen auch sie ohne größere Zwischenfälle über die Bühne, ist das kurzfristige Minimalziel erreicht, den offenen transatlantischen Bruch vorerst verhindert zu haben.
Von einem Zauber, der Hermann Hesse zufolge jedem Anfang innewohnt, lässt sich in der neuen Beziehung von Merz und Trump freilich nicht sprechen. Es ist eher ein Zaudern. Der Gast dankte den USA für die Befreiung von der Nazi-Herrschaft, pries Trump als „Schlüsselfigur“ zur Befriedung der Ukraine, biederte sich aber nicht zu sehr an.
Das wäre auch fehl am Platz gewesen, weil Merz trotz mancher Verunglimpfung als „Mini-Trump“ zu Hause eben doch Welten von seinem Gastgeber trennen.
Auch wenn nun ein persönlicher Kontakt etabliert ist: Verlassen sollte sich Merz nur sehr begrenzt auf Trump – dafür ist der zu unberechenbar und zu leicht durch Kremlchef Wladimir Putin zu beeinflussen. Schon einmal wähnte der Deutsche den Amerikaner bei härteren Sanktionen gegen Moskau fälschlicherweise auf seiner Seite. Merz darf sich vom gut überstandenen Premierenbesuch nicht blenden lassen.
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