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Auf der Facebook-Seite des Fidesz-Vize Katalin Novák zeigt ein Bild Pilger der CDU Thüringen im Budapester Parlament.

© Tagesspiegel

Vor der Wahl in Ungarn: CDU Thüringen demonstriert Nähe zu Orbán

Beifall für die ungarische Asylpolitik: Kurz vor der Parlamentswahl unternimmt die CDU Thüringen eine "Pilgerreise" nach Budapest. Die Linke ist empört.

Von Matthias Meisner

Die Atmosphäre war allem Anschein nach prächtig: Kurz vor der am 8. April angesetzten Parlamentswahl in Ungarn ist eine Gruppe mit rund 320 Pilgern der CDU Thüringen nach Budapest gereist und hat dort auch politische Gespräche mit führenden Vertretern von Viktor Orbáns Regierungspartei Fidesz geführt. Im Budapester Parlament traf die von Landes- und Fraktionschef Mike Mohring geleitete Gruppe unter anderem zusammen mit Fidesz-Fraktionschef Gergely Gulyás und der stellvertretenden Parteivorsitzenden Katalin Novák.

Vertreter der in Thüringen regierenden Linkspartei kritisierten den demonstrativen Schulterschluss der Landes-CDU mit der Fidesz-Partei, die für ihre rigide Flüchtlingspolitik bekannt ist. Die Linken-Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow sagte dem Tagesspiegel: "Der Besuch wirft neben der unkritischen offenen Begeisterung für den Rechtsbruch der ungarischen Regierung in der Flüchtlingsfrage auch ein schlechtes Licht auf das Bekenntnis der CDU zum Kampf gegen Antisemitismus." Auf der einen Seite habe die CDU gerade erst einen Antrag im Thüringer Landtag unterstützt, der zur Ächtung jeder Form des Antisemitismus aufrief. "Andererseits scheint sie sich an der antisemitisch und rassistisch gefärbten Kampagne der Schwesterpartei Fidesz gegen George Soros nicht zu stören", sagte Hennig-Wellsow. Sie spielt damit auf das von der Orbán-Regierung geplante Gesetzespaket an, mit dem diese die Unterstützung des amerikanischen Milliardärs Soros für die ungarische Zivilgesellschaft und Flüchtlingsorganisationen eingrenzen will.

Die thüringische Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner sagte: "Während Amnesty International der ungarischen Regierung systematische Menschenrechtsverletzungen vorwirft, hofiert die thüringische CDU die rechte Fidesz-Partei im Wahlkampf. Wenn Mike Mohring die ungarische Rechtspartei als ‚Pro-Europäer‘ lobt, kann ich nur sagen: Dies ist nicht das Europa, für das wir stehen."

Einkehr und Gebet statt Kritik an Orbán

In einem auf Facebook verbreiteten Video hatte Mohring die "tollen" Gespräche mit den Fidesz-Politikern Gulyás und Novák gelobt. Beide seien "junge Talente", sagte er. Mohring bezeichnete Orbáns Regierungspartei Fidesz in dem Video als "unsere Partnerpartei". Die "Thüringer Allgemeine" berichtete unter Berufung auf Mohring, es habe bei den Gesprächen mit den Fidesz-Vertretern "auf offener Szene" Beifall für die ungarische Flüchtlingspolitik gegeben. In Anspielung auf Konflikte mit Fidesz in der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments, zu der auch die CDU gehört, heißt es in dem Blatt: "Die Pilgerfahrer der CDU Thüringen, die übrigens ihre Kosten selbst tragen, reisten nicht nach Budapest, um Krach zu schlagen."

Mike Mohring, Landes- und Fraktionschef der CDU in Thüringen, im Dezember 2017 im Erfurter Landtag.
Mike Mohring, Landes- und Fraktionschef der CDU in Thüringen, im Dezember 2017 im Erfurter Landtag.

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild

Mohring verteidigte auf Tagesspiegel-Anfrage, dass Ungarn das Ziel der siebten Pilger-Reise der CDU Thüringen war. "Die Pilgerreisen der CDU Thüringen haben nicht den Zweck, sich detailliert mit der Regierungspolitik im jeweiligen Land auseinanderzusetzen oder gar Kommentare dazu abzugeben", sagte er. Das Ziel dieser stets zum Palmsonntagswochenende organisierten Pilgerreisen sei vielmehr "nach innen gerichtet: Beisammensein, gedanklicher Austausch, Einkehr und Gebet".

In den Gesprächen in Budapest sei allerdings deutlich zu spüren gewesen, "dass die nationalen Interessen anders definiert und stärker gewichtet werden als in Deutschland üblich", betonte Mohring. Dies sei historisch erklärbar und gehöre zur Vielfalt in der Europäischen Union. "Ausschlaggebend ist, dass die Politik im Einklang mit dem EU-Recht steht. Wo daran Zweifel auftauchen, für die es Gründe gibt, wird das vor dem Europäischen Gerichtshof geklärt. Tatsache ist, dass Ungarn wie Österreich maßgeblich dazu beigetragen hat, die Fluchtmigration über den Balkan zu beenden. Das hat auch der deutschen Politik Luft verschafft. Es wäre Heuchelei, dies nicht zu sehen und anzuerkennen." Mohring strebt an, bei der Landtagswahl 2019 in Thüringen den seit 2014 amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) zu beerben.

Kontakte auch zur CSU und zur Sachsen-CDU

Vor der CDU Thüringen demonstrierten auch die CSU und die sächsische CDU immer wieder besondere Nähe zur Orbán-Regierung. Im Januar war der ungarische Premier bei der CSU-Klausur in Seeon - eine Provokation, wie Beobachter damals notierten. Parteichef Horst Seehofer habe Orbán dort zum quasi lupenreinen Demokraten erklärt.

Im November vergangenen Jahres war Orbán in Dresden zu Gast bei Stanislaw Tillich, der damals noch Ministerpräsident und CDU-Landeschef war. Er traf in der sächsischen Landeshauptstadt auch weitere führende Politiker der Sachsen-Union wie CDU/CSU-Fraktionsvize Arnold Vaatz, Landtagspräsident Mathias Rößler und CDU-Landtagsfraktionschef Frank Kupfer. Auch in Sachsen war Orbán unter anderem wegen seiner Asylpolitik ein gern gesehener Gast.

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