zum Hauptinhalt
Das Originalbild des Frauenmarsches 2017.

© MARIO TAMA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/AFP

Vorauseilende Zensur?: Nationalarchiv schönt Trump-kritische Fotos – und entschuldigt sich

Das Nationalarchiv hat ein Foto des Frauenmarsches 2017 verändert – um neutral zu bleiben. Kritiker werfen ihm vor, das Gegenteil erreicht zu haben.

Der Präsident der Vereinigten Staaten hat ein Lieblingsthema, das er immer wieder bringt. Die „Fake News“-Medien, die Lügen verbreiteten und an „der Wahrheit“ angeblich nicht interessiert sind. Dass diese Medien selbst wiederum die Lügen und Unwahrheiten von Donald Trump akribisch zählen und auflisten, ist die andere Seite der Medaille. So hat er nach Angaben der „Washington Post“ seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren bereits mehr als 15.000 falsche Aussagen gemacht.

Aber für den jüngsten Aufreger in Washington kann der US-Präsident nur indirekt etwas. Die „National Archives and Records Administration“, das Nationalarchiv der Vereinigten Staaten, hat ein Foto des Frauenmarsches aus dem Jahr 2017 verändert.

Auf dem Originalfoto des Getty-Images-Fotografen Mario Tama sind Menschenmengen zu sehen, die die Pennsylvania Avenue in Washington am 21. Januar 2017 hinunterströmen, einen Tag nach der Amtseinführung von Trump. Sie tragen hunderte bunte Schilder, auf denen alles Mögliche steht. Doch manche Schriftzüge sollen nicht lesbar gewesen sein. Das fiel dem 'Washington Post"-Reporter Joe Heim auf, als er für eine ganz andere Geschichte recherchierte.

Der Name von Trump wurde entfernt

Herausgefunden hat er dann, dass auf manchen Schildern Beschimpfungen gegen Trump nicht mehr zu lesen waren. In diesen Schriftzügen, die zum Beispiel "Gott hasst Trump" oder „Trump & GOP (die Republikanische Partei) - Hände weg von Frauen“ lauten, wurde der Name des Präsidenten unleserlich gemacht, bevor das Foto in der Ausstellung Ihr Recht: Amerikanerinnen und die Wahl den Besuchern gezeigt wurde.

Auf anderen Schildern wurden die Worte „Vagina“ und „Pussy“ entfernt, mit denen die Demonstrantinnen auf Trumps frauenverachtenden Kommentar im Jahr 2005 anspielten. Der damalige Immobilienunternehmer hatte mit Verweis auf seinen Promi-Status erklärt, er könne alles mit Frauen machen, sie sogar in ihrem Intimbereich anfassen.

Das Archiv hat sich entschuldigt

Das Archiv hat den Bericht von Joe Heim inzwischen bestätigt und sich auch dafür entschuldigt. Interessant ist die Debatte, die der Vorgang ausgelöst hat.

Nun ist das unabhängige, aber staatlich finanzierte Archiv qua Selbstbeschreibung für „den Schutz und Erhalt historischer und staatlicher Dokumente verantwortlich“. Offenbar fühlte sich die Regierungsinstitution aber auch dafür verantwortlich, der Nachwelt das Ausmaß des zugegebenermaßen zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Präsidenten und Teilen seines Volkes vorzuenthalten.

Man habe versucht, die Aufmerksamkeit auf die Dokumente zu lenken und sich als überparteiliche Institution nicht in aktuelle parteipolitische Auseinandersetzungen verstricken zu lassen. So versuchte die Sprecherin des Archivs, Miriam Kleiman, den Schritt gegenüber der Zeitung zunächst noch zu rechtfertigen. Mit Blick auf die vielen jungen Besucher des Archiv habe man zudem befürchtet, dass manche Ausdrücke unangemessen seien und sie deshalb entfernt.

Der Imageschaden ist groß

Später, als die Kritik nicht abebbte, veröffentlichte die Institution dann eine eindeutigere Erklärung zu den vorauseilenden Zensurbemühungen: „Wir haben einen Fehler gemacht“, hieß es am Wochenende. Man werde den Vorgang rückgängig machen sowie aufklären, warum dies geschehen sei. Aber klar ist auch, dass der oberste Archivar der USA, der Behördenleiter David S. Ferriero, über das veränderte Foto informiert war und den Schritt befürwortet hatte.

Trotz Entschuldigung ist der Reputationsschaden groß. Die ehemalige Nationale Sicherheitsberatern von Präsident Barack Obama, Susan Rice, nannte das Fotoshoppen „verstörend“. In einem Tweet, der allerdings vor der Erklärung erschien, schrieb sie: „Das Nationalarchiv beschönigt nun Geschichte.“

Rudy Mehrbani vom Brennan Center for Justice, der ebenfalls unter Obama im Weißen Haus gearbeitet hatte, twitterte: Das Archiv habe die politische Auseinandersetzung erst geschaffen, die es verhindern wollte. "Indem man die Stimmen der Frauen ausradiert, beleidigt man die Frauenbewegung und relativiert die Reaktion auf Trumps Taten und seine Wahl."

Nur einer schweigt zu der ganzen Angelegenheit

Rinku Sen, eine der Mitorganisatorinnen des Frauenmarsches, sprach von einem Symbol für die Herabsetzung der Demokratie. Die Mitarbeiter des Nationalarchivs seien „unsere öffentlichen Historiker, und Historiker sind nicht dazu da, Geschichte zu verändern, sondern dazu, davon zu berichten“, erklärte sie. Dies zeige, dass manche glaubten, dass die Zensur von Frauen etwas sei, was man eben machen könne.

Auch renommierte Historiker kritisierten das Nationalarchiv. So sagte Rhae Lynn Barnes von der Princeton University der „New York Times“: „Das ist etwas, was totalitäre Regierungen machen.“

Und was sagt derjenige, um den sich die ganze Aufregung ja zumindest indirekt dreht? Interessanterweise nichts. Kein Tweet von Trump zu dem gefakten Bild – alleine das ist eine kleine Sensation.

Zur Startseite