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Politik: Vortrag aus Angst vor Protesten von Muslimen abgesagt?

Die Affäre erinnert an den Fall Idomeneo, die Absage der Mozart-Oper in Berlin aus Angst vor islamistischen Anschlägen. „Daran habe ich auch gleich gedacht“, sagt Matthias Küntzel.

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Die Affäre erinnert an den Fall Idomeneo, die Absage der Mozart-Oper in Berlin aus Angst vor islamistischen Anschlägen. „Daran habe ich auch gleich gedacht“, sagt Matthias Küntzel. Der Hamburger Politikwissenschaftler sollte am Mittwochabend am Germanistischen Institut der Universität Leeds einen Vortrag halten mit dem Titel „Hitlers Vermächtnis. Islamischer Antisemitismus im Nahen Osten“. Doch bei seiner Ankunft am selben Tag teilten Mitarbeiter der Universität ihm am Bahnhof mit, dass der Vortrag aus Sicherheitsgründen abgesagt sei.

Die Absage löste eine Debatte über Meinungsfreiheit in Großbritannien aus. „Universität wird Zensur eines Vortrags über islamischen Antisemitismus vorgeworfen“, titelte die „Times“. Der „Daily Telegraph“ zitierte Küntzels Beschuldigungen gegen die Universität am Freitag ausführlich: Die Absage passe zu einem „besorgniserregenden Trend“ und sei eine „Attacke auf die akademische Freiheit“. In Großbritannien sei die akademische Integrität, der Austausch von Meinungen und die Suche nach der Wahrheit immer mehr in Gefahr. „Etwas Ähnliches ist mir sonst noch nirgendwo passiert“, sagte Küntzel dem Tagesspiegel. Er habe in vielen Ländern zu diesem Thema gesprochen. Es sei unzweifelhaft, dass er nicht den Islam als antisemitisch darstelle. Er habe darüber sprechen wollen, wie die Nationalsozialisten ihre Ideologie im Nahen Osten verbreitet haben.

„Es ist naiv, zu glauben, dass ein Vortrag mit diesem Titel keine Empörung hervorrufen könnte“, sagte eine Sprecherin der Universität Leeds. „Wir sind ein multiethnischer Campus mit vielen religiösen Gruppen, die zum Teil leidenschaftliche Gefühle haben.“ Der Vortrag sei nicht professionell genug vorbereitet worden. Es seien vom Germanistischen Institut zu wenig Ordner zum Schutz der Veranstaltung angefordert worden. Die Universitätsleitung habe erst 36 Stunden zuvor davon erfahren und musste aus Sicherheitsgründen kurzfristig absagen.

Küntzel sagte, der Vortrag sei vor Monaten verabredet worden. Plakate hätten seine Veranstaltung angekündigt. Der Politikwissenschaftler meint, dass die Absage eine Reaktion auf kritische E-Mails an die Universität wegen seines Vortrages sei. „Da hieß es zum Beispiel, der Titel sei eine offene rassistische Attacke auf Muslime“, sagte Küntzel. „In einer anderen Mail schrieb jemand, dieser Titel bedrohe seine Sicherheit auf dem Campus.“

Für die Veranstalter des Vortrags scheint die Sache klar zu sein: Die Universität habe sich „muslimischen Protesten“ gebeugt, heißt es in einer Stellungnahme von Mitarbeitern des Germanistischen Instituts, die der „Daily Telegraph“ zitiert. Küntzel will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. „Ich werde der Universität einen Beschwerdebrief schreiben“, sagte der Wissenschaftler. Für einen neuen Termin für den Vortrag stehe er aber gern zur Verfügung.

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