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Markus Söder (l, CSU), Ministerpräsident von Bayern, und Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann im Fernsehstudio.

© Sven Hoppe/dpa

TV-Duell vor Wahl in Bayern: Söder und Hartmann halten sich bei Koalitionsfrage eine Tür offen

Beim ersten TV-Duell zwischen CSU und Grünen streiten Ministerpräsident Söder und Fraktionschef Hartmann über viele Themen. Als es um eine mögliche Koalition geht, weichen beide aus.

Das Bayern-Duell läuft fast 40 Minuten, da verschlägt es Ludwig Hartmann zum ersten Mal beinahe die Sprache: „Das Chaos in Berlin hat doch einen Namen“, hält der Grünen-Politiker dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder vor: „Es ist doch Ihr Parteivorsitzender Horst Seehofer, der für Instabilität sorgt“. Der CSU-Mann hatte da gerade zu einem längeren Vortrag ausgeholt, warum er „so was wie in Berlin“ nicht wolle. „So was“ - das ist für Söder die große Koalition im Bund, die durch Ermahnungen des Bundespräsidenten zusammengeschweißt worden sei. „Das tägliche Zerfleischen“, sagt Söder, „das will ich nicht.“ Hartmann ist fassungslos.

Für Hartmann ist der Auftritt am Mittwochabend zur besten Sendezeit eine Premiere: Zum ersten Mal in einem bayerischen Landtagswahlkampf fordert ein Grüner einen CSU-Ministerpräsidenten heraus. Die stabilen Umfragewerte seiner Partei, zuletzt bei 18 Prozent, gaben für den Bayerischen Rundfunk den Ausschlag. Die Ökopartei hat realistische Chancen, bei der Landtagswahl Mitte Oktober den zweiten Platz zu erzielen, mit deutlichem Abstand zur SPD, den Freien Wählern und der AfD.

Der Gedanke, dass die CSU ihre absolute Mehrheit in Bayern zu verlieren droht und dass Hartmann und seine Grünen daran einen deutlichen Anteil haben könnten, behagt Söder offensichtlich nicht. Und so versucht er es mit einer speziellen Dialektik. Die Bürger sollten wirklich wägen, ob sie sieben Parteien im Landtag haben wollten, appelliert der CSU-Mann an die noch unentschlossenen Wähler. Er wolle nicht, dass Bayern „völlig instabil“ werde.

Unzufriedenheit aufgestaut

Doch sein Kontrahent lässt ihn nicht so einfach davon kommen. Hartmann, 40 Jahre alt, und einer der beiden Spitzenkandidaten der Grünen, weiß, dass seine Partei auch davon profitiert, dass sich bis in die Reihen von bisherigen CSU-Anhängern Unzufriedenheit aufgestaut hat – sowohl mit der harten Linie der CSU in der Flüchtlingspolitik, als auch mit einem bestimmten Politikstil. „Ich würde mir in Ihrer Politik wieder mehr Nächstenliebe wünschen“, gibt er Söder mit. Angriffslustig zeigt er sich auch beim umstrittenen Polizeigesetz, das Bayern im Mai verabschiedet hat. „Es gab mehrere Großdemos gegen die CSU-Regierung“, erinnert er den bayerischen Ministerpräsidenten. „Diese Freiheitseingriffe gehen den Leuten zu weit.“

Doch Söder hat sich offenbar vorgenommen, sich nicht provozieren zu lassen („Meine Frau hat gesagt, ich soll höflich bleiben“). Er gibt an diesem Abend den Landesvater, nicht den Polarisierer, wie noch vor einem halben Jahr, als CDU und CSU sich im Bund fast über die Flüchtlingspolitik zerstritten. „Humanität und Ordnung“ will Söder nun zum Maßstab in dieser Frage machen. Damit benutzt er – wohl eher unbeabsichtigt – genau die beiden Schlagworte, mit denen die Bundesgrünen seit einer Weile operieren, wenn sie über die Asylpolitik reden.

Dennoch werden große Unterschiede zwischen dem CSU-Mann und dem Grünen sichtbar: Söder verteidigt die Kontrollen an der bayerischen Grenze, Hartmann würde sie gerne wieder abschaffen. Söder fürchtet eine „neue Einwanderungswelle“, wenn Asylbewerbern der Spurwechsel zur Einwanderung ermöglicht werde. Hartmann hingegen greift die Klagen von bayerischen Unternehmern auf, die kein Verständnis dafür haben, dass die Landesregierung gut integrierte Arbeitskräfte abschiebt. Mit einem Aufenthaltsrecht für diese Menschen könne man menschlich sein und etwas für den Wirtschaftsstandort tun, mahnt der Grünen-Politiker.

Söders Ausweichmanöver

Differenzen gibt es auch vielen bei anderen Themen, etwa bei der Wohnungspolitik oder dem Ausbau der Windkraft. Während Söder vor einer „Verspargelung“ der Landschaft warnt, sieht Hartmann eine künftige Landesregierung in der Pflicht, die Energiewende voranzubringen. „Wir müssen als starkes Industrieland doch auch Strom in Bayern produzieren“, sagt der Grüne.

Als am Ende des Duells die Koalitionsfrage gestellt wird, versucht Söder es erst einmal mit einem Ausweichmanöver. Vom Grünen-Programm sei er enttäuscht gewesen, sagt er, „so viele Feindbilder“ und so gar nicht „modern“. Er werbe dafür, dass man in Bayern „alles so lässt wie es ist“, fügt der CSU-Mann noch hinzu. Eine klare Absage an ein schwarz-grünes Bündnis ist das nicht – auch wenn eine solche Konstellation sicher nicht sein größter Wunsch wäre. Aber auch Grünen-Spitzenkandidat Hartmann hält sich Türen offen: Mit seiner Partei könne man über ökologische und gerechte Politik reden, für eine antieuropäische Politik stünden die Grünen aber nicht zur Verfügung. Hartmann zitiert den Satz, den seine Co-Spitzenkandidatin Katharina Schulze in solchen Situationen immer bringt: Sie sei nicht in die Politik gegangen, um am Spielfeldrand zu stehen. In Richtung des Ministerpräsidenten fügt er hinzu: „Wir spielen aber nicht jedes Spiel mit.“

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