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Spitzen-Duo: Heidi Reichinnek und Jan van Aken.

© dpa/Sebastian Gollnow

Wahlparteitag der Linken: Nur vier Prozent – aber die Laune stimmt

Die Linkspartei stimmt sich auf den Wahlkampf ein und verabschiedet ihr Programm. Wie der Wiedereinzug in den Bundestag trotz aller Widrigkeiten gelingen soll.

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Dem Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, traut die Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner naturgemäß nicht über den Weg. Der wolle den Sozialstaat „kurz und klein schlagen“, sagt sie in ihrer Rede auf dem Parteitag am Sonnabend.

Schwerdtner unterstellt Merz, dass er dafür im Zweifelsfall auch mit der extremen Rechten zusammengehen würde: „Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass er es am Ende auch mit der AfD durchsetzen wird, ganz egal, was er vor der Wahl behauptet“, ruft sie den Delegierten zu.

Die sind zusammengekommen, um das Wahlprogramm zu verabschieden. Die Linke präsentiert sich mit den Themen Mietendeckel und Vermögenssteuer im Fokus.

Viele Menschen treten ein

Von internem Streit ist derzeit nichts zu spüren, nachdem es jahrelang ganz anders aussah. Seit der Wahl der neuen Parteispitze im Herbst sind mehr als 8000 Menschen eingetreten, gerade jetzt sind es zum ersten Mal seit Langem insgesamt mehr als 60.000 Mitglieder. Die Frage ist nur, ob das noch rechtzeitig kommt. In Umfragen liegt die Linkspartei nur bei drei bis vier Prozent.

Drei Direktmandate sollen den Einzug in den Bundestag retten. Wenn das gelänge, wäre die Fünf-Prozent-Hürde für die Partei irrelevant, sie wäre ihrem Stimmenanteil entsprechend im nächsten Bundestag vertreten.

Nicht nur, aber vor allem auf Gregor Gysi in Berlin, Sören Pellmann in Leipzig und Bodo Ramelow in Erfurt setzt die Linke ihre Hoffnung. Gerade in Ramelows Fall ist schwer abzuschätzen, ob seine persönliche Beliebtheit am Ende für ein Direktmandat reichen könnte.

Doch Parteichefin Schwerdtner suggeriert mit bestem Wahlkampf-Optimismus eine Sicherheit, die von den Fakten nicht gedeckt ist: „Wir kommen auf jeden Fall wieder rein“, ruft sie in den Saal.

Die Delegierten bestätigen per Akklamation das Spitzenkandidaten-Duo für die Wahl: Es besteht aus Co-Parteichef Jan van Aken und Heidi Reichinnek, Co-Vorsitzende der Bundestagsgruppe.

Es brauche eine Obergrenze für die Miete, ohne Wenn und Aber, sagt van Aken. Die Partei bewirtschaftet das Thema auch ganz praktisch: Sie betreibt seit Kurzem einen Heizkosten-Check, mit dem Mieterinnen und Mieter ihre Abrechnungen überprüfen lassen können.

Seit Jahrzehnten würden Grüne und SPD über eine Vermögenssteuer reden, doch sie hätten nie geliefert, sagt van Aken außerdem. „Das werden sie nur tun, wenn wir im Bundestag sind und Druck aufbauen.“

In der Ukraine brauche es nicht mehr Waffen, sondern mehr Diplomatie, sagt er auch und macht dann folgende Reihe auf: „Alle Kriegsverbrecher wie Putin, Erdogan und Netanjahu gehören vor Gericht.“

Der Parteichef gesteht

Ohne heftige Debatten verabschiedet die Partei ihr Wahlprogramm. Darin findet sich so manche Idee, etwa die Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Bus, Bahn und Hygieneartikel. Mit einem „Energie-Soli für Reiche“ sollen weniger Begüterte entlastet werden.

Doch rund um die Fünf-Prozent-Hürde herrscht Gedränge. Auch BSW und FDP bangen, ob der Einzug in den Bundestag gelingt.

Im massiven Kampf um Aufmerksamkeit sind derzeit viele Mittel recht. So offenbarte van Aken vor Kurzem im Talk des „Spiegel“-Journalisten Markus Feldenkirchen, er habe 2016 als Bundestagsabgeordneter geheime Unterlagen zum Freihandelsabkommen TTIP an Greenpeace weitergegeben. 

Juristisch ist die Sache van Aken zufolge verjährt. Doch wer weiß, vielleicht kann er mit einem solchen Geständnis im Wahlkampf bei der eigenen Klientel punkten.

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