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Politik: Was der Kalifat-Kanal uns sagen will

Wir Deutschen sind keine Österreicher. Deshalb haben wir nur wenig beachtet, dass die „Stimme des Kalifat-Kanals“ in dieser Woche nicht nur angekündigt hat, man werde beide Länder mehr oder weniger in Schutt und Asche legen.

Stand:

Wir Deutschen sind keine Österreicher. Deshalb haben wir nur wenig beachtet, dass die „Stimme des Kalifat-Kanals“ in dieser Woche nicht nur angekündigt hat, man werde beide Länder mehr oder weniger in Schutt und Asche legen. Da war auch noch eine kleine Unterbotschaft: Die Wiener Bundesregierung solle doch lieber ihr Versprechen einlösen, die Studiengebühren abzuschaffen, statt das Geld für Militäreinsätze rauszuwerfen.

Das war eine echte Überraschung. Wer sich die Jungs von der Terrorfront als eine Art Höhlenmenschen mit Gebetsteppich und Technikfimmel vorgestellt hatte, muss nun umlernen: Sie nehmen regen Anteil am Leben ihrer Zielländer, geben Anregungen zu sozialem Regierungshandeln, mischen sich ein, man könnte sagen: Sie nähern sich, vom Terrorisieren einmal abgesehen, Lafontaine’schen Positionen an.

Nun war der Anlass dieser Botschaft vermutlich ganz banal. Einer der Nachwuchsterroristen studiert in Wien Informatik und Elektrotechnik, und er hatte keine Lust mehr, jedes Semester in Afghanistan um die Erstattung der Gebühren zu betteln. Doch es wird weitergehen; nun zittern alle österreichischen Mensawirte, die den Studenten Wiener Schnitzel aus Schweinefleisch unterschieben, vor einer schmutzigen Eisbombe. Aber seien wir ehrlich: Geschieht ihnen das nicht ganz recht?

Die Botschaft aus dem Internet ist vermutlich nur der erste Schritt, sie zeichnet den Weg vor für eine Al Qaida mit Herz. Eine Organisation, die vorn bombt und hinten barmt, die nach dem bewährten Hamas-Prinzip den Armen gibt und den Reichen nimmt. Bald werden in den Berliner U-Bahnen bärtige Männer für Suppenküchen im Rollberg-Viertel sammeln, der Al-Sawahiri-Sozialdienst wird verhüllte Pflegerinnen im Smart herumschicken, es gibt ein paar juristische Scharmützel um die Frage, ob Spenden für den Kalifat-Kanal abzugsfähig sind, wenn der Verantwortliche an Eides statt versichert, dass das Geld für Morde und Anschläge aus anderen Quellen kommt. Und in der BVV Neukölln streiten sie, ob die Al-Qaida-Fraktion ihre Forderung nach einem weiteren Aufzug für den Bahnhof Karl-Marx-Straße durch Schüsse in die Saaldecke bekräftigen darf.

So nähern sich die Kulturen einander an. Der Bärtige, der da im Promi-Special von „Wer wird Millionär?“ mit Intimkenntnissen über frühe Hits der Bee Gees brilliert, ist übrigens der deutsche Oberkalif. Als Telefonjoker hat er sich Osama bin Laden ausgesucht.

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