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Einbußen für die Ärzte: Was die Bürgerversicherung kosten würde

Privatversicherte bringen den Ärzten deutlich höhere Einnahmen als Kassenpatienten. Eine Studie hat errechnet, welche Einbußen sie durch eine Bürgerversicherung zu erwarten hätten - und wie sich dieses Problem lösen ließe.

Die SPD will sie, die Grünen, die Linken, und die Gewerkschaften auch. Doch in der Debatte um die Bürgerversicherung war bisher einem Gegenargument kaum beizukommen. Es lautet: Bei einer Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKV) würde die ambulante Versorgung zusammenbrechen, da die Privatkassen den Ärzten weit höhere Honorare zahlen – in der Regel den 2,3-fachen, mitunter gar den 3,5-fachen Satz. Bei den Radiologen beträgt der Mehrumsatz im Schnitt fast eine viertel Million Euro im Jahr, stark betroffen wären auch ambulante Chirurgen, HNO- und Frauenärzte. Eine Studie belegt nun aber, dass dieses Problem durchaus lösbar wäre.

Im Auftrag der Techniker Krankenkasse hat der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem verschiedene Übergangsszenarien zu einem einheitlichen Honorarsystem untersucht. Das Ergebnis: Die Umsatz- und Einkommensausfälle für Ärzte beliefen sich zwar, gemessen an der GKV-Honorierung, auf bis zu sechs Milliarden Euro. Allerdings könnten sie bei entsprechendem politischen Willen „kompensiert“ werden – entweder durch die jeweils betroffenen Krankenkassen oder gleich über den Gesundheitsfonds.

Am teuersten wäre die sofortige Integration aller bislang privat Versicherten in ein neues Einheitssystem. In diesem Fall würde der Honorarausfall laut Wasem schon im Umstellungsjahr vier Milliarden Euro betragen. 2030 wären es dann fast sechs Milliarden. Um dies auszugleichen, bräuchte es einen Zuschlagsfaktor auf die ärztlichen Honorare. Er müsste bei 13,7 Prozent beginnen und dann bis auf 17 Prozent ansteigen.

Im zweiten Szenario geht Wasem davon aus, dass sich im PKV-Bestand nichts ändert, allerdings außer Kindern auch keine Neumitglieder mehr aufgenommen werden dürfen. Der Honorarausfall für die Ärzte stiege in diesem Fall von null auf 1,5 Milliarden im Jahr 2030. Der Zuschlagsfaktor läge bei bis zu 4,7 Prozent. Im dritten Modell unterstellt der Ökonom zusätzlich ein befristetes und einmaliges Wahlrecht für PKV-Bestandskunden, wie etwa im Konzept der SPD vorgesehen. Wasem geht davon aus, dass jeder Fünfte der unter 50-Jährigen und jeder zweite Ältere von diesem Wechselrecht Gebrauch machen würde. Der Honorarausfall würde dann zu Beginn 1,6 Milliarden und am Ende 3,1 Milliarden Euro betragen. Der Zuschlagsfaktor müsste dann von fünf auf 9,5 Prozent ansteigen.

Dem allem liegt die Annahme zugrunde, dass die bisherigen Privatversicherten in einem Einheitssystem nicht mehr Leistungen in Anspruch nehmen als die derzeitigen Mitglieder der gesetzlichen Kassen. Das sei realistisch, sagt Wasem, weil zwei gegenläufige Effekte zusammenkämen: Die Privatversicherten hätten zwar ein höheres Anspruchsverhalten. Allerdings seien sie seltener krank als gesetzlich Versicherte.

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