
© dpa/Christoph Reichwein
Was ist mit den Inhalten?: Hauptsache, die Politiker haben die Haare schön
Mit besserer Politik sähen unsere Regierenden auch besser aus. Doch die helfen gerne mit viel Steuergeld nach, um sich aufhübschen zu lassen. Populärer wird Politik so nicht.

Stand:
Die Politik besser machen, das ist der Auftrag des Volks an die Volksvertreter. Schon gar an die, die in der Regierung Verantwortung tragen. Das bedeutet: besser Politik machen als bisher. Dann sehen auch die Verantwortlichen besser aus.
Was natürlich im übertragenen Sinn zu verstehen ist. Eigentlich. Man sagt das halt so.
Uneigentlich geht es den Politikern aber auch buchstäblich darum, besser auszusehen. Oder darum, dass sie jemand besser aussehen lässt.
Visagisten, Stylisten, Fotografen, Videospezialisten – Profis für unsere Politprofis. Das kostet nicht wenig Steuergeld.
Genauer: Abertausende von Euro. Noch genauer: zum Beispiel 620.000 Euro bis 2027 für Fotos und Videos von Lars Klingbeil. Die Haare kommen noch obendrauf.
Da frage noch jemand nach Politikerverdrossenheit und warum sie immer mal wieder stärker wird.
Stephan-Andreas Casdorff, Editor-at-Large
Heißt: Nicht die Politik wird aufgehübscht, wesentlich und inhaltlich, sondern die Politiker. Weil sie in der Öffentlichkeit stehen? Weil wir Deutsche uns mit ihnen, unseren Vertretern, blicken lassen können sollen? Weil die ins rechte (oder linke, je nachdem, was für sie vorteilhafter ist) Licht gerückt werden müssen?
Da frage noch jemand nach Politikerverdrossenheit und warum sie immer mal wieder stärker wird.
Zwischen Regierenden und Regierten ist lange nicht alles eitel Wonne. Kritik daran ist aber nicht etwa wohlfeil. Denn sich selbst zu bespiegeln, leistet andererseits denen Vorschub, die populistisch allen Politikern alles Mögliche unterstellen.
Populärer wird Politik so nicht. Übrigens ein Sozialdemokrat wohl schon gar nicht. Wobei nicht allein die Wähler dieser Partei inzwischen genau hinschauen. Uneitel war gestern? Und der Uneitle ist von gestern? Angela Merkel war sparsamer.
Fehlt nicht viel, und das Maß ist übervoll. Hauptsache, sie haben die Haare schön? Suchmaschinen bewerten im Netz nicht zuletzt den Inhalt.
Und der Mensch ist eine eigene Art Suchmaschine: „Setz dir Perücken auf von Millionen Locken/Setz deinen Fuß auf ellenhohe Socken,/Du bleibst doch immer, was du bist“ – Goethe. Der wusste es besser. Und hatte auch eine Menge politische Aufgaben.
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