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Der türkische Präsident Erdogan hatte wegen des Falls Kavala Botschafter mehrerer Länder vorgeladen.

© REUTERS/ Afolabi Sotunde

Update

Wegen Streit um Aktivisten Kavala: Erdogan droht mit Ausweisung westlicher Botschafter

Etliche Staaten fordern ein faires Verfahren für den türkischen Menschenrechtsaktivisten Kavala. Der türkische Präsident reagiert scharf.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den Botschaftern von Deutschland und neun weiteren Staaten wegen einer Forderung zur Freilassung des Kulturförderers Osman Kavala indirekt mit der Ausweisung gedroht.

„Wir können nicht den Luxus haben, sie in unserem Land willkommen zu heißen“, sagte Erdogan einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge am Donnerstag. „Steht euch zu, der Türkei so eine Lektion zu erteilen? Wer seid ihr schon?“, fragt er in einem Interview auf der Rückkehr von seiner Afrikareise.

In seinen jüngsten Äußerungen verglich Erdogan den türkischen Kavala auch erneut mit dem in Ungarn geborenen US-Philanthropen George Soros, dem Feindbild vieler Populisten. „Diejenigen, die dieses Soros-Überbleibsel verteidigen, arbeiten an Möglichkeiten, ihn zu befreien“, sagte Erdogan. „Lasst ihr in eurem Land Banditen, Mörder und Terroristen frei?“ fragte der türkische Staatschef.

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Die Botschaften von Deutschland und neun weiteren Ländern in Ankara hatten am Montag einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie mit Verweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die Freilassung des 2017 verhafteten Kavala forderten. Das türkische Außenministerium lud daraufhin die betreffenden Botschafter vor. Unter den einbestellten Diplomaten waren auch die der USA, Frankreichs und der Niederlande.

Wenige Augenblicke nach Erdogans Äußerungen fiel die türkische Lira gegenüber dem Dollar auf ein Rekordtief. Die Börse befürchtet offenbar eine neue Phase der Spannungen mit dem Westen.

Der EGMR hatte 2019 bereits Kavalas Freilassung gefordert. Die Türkei ignoriert das Urteil bislang, obwohl sie als Mitglied des Europarats eigentlich zur Umsetzung verpflichtet ist. Kavala und mehr als 50 weiteren Angeklagten wird in einem Prozess ein Umsturzversuch im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten 2013 vorgeworfen. Kavala wird zudem der „politischen und militärischen Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 beschuldigt.

Der Kulturschaffende hatte Erdogan zuletzt vorgeworfen, seine Inhaftierung politisch zu nutzen. „Der wahre Grund für meine fortgesetzte Inhaftierung“ sei das „Bedürfnis der Regierung, die Fiktion am Leben zu erhalten, dass die Gezi-Proteste das Ergebnis einer ausländischen Verschwörung waren“, erklärte Kavala in einem schriftlich mit der Nachrichtenagentur AFP geführten Interview. (dpa/AFP)

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