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Soldaten der Bundeswehr stehen auf dem Appellplatz. (Archivbild)

© dpa/Sina Schuldt

Wehrdienst bringt verpflichtende Musterung: Beratungsstellen für Verweigerung melden massiven Zulauf

Vor einer Woche hat das Kabinett das neue Wehrdienstgesetz gebilligt. Danach wird die Musterung für junge Männer ab 2027 zur Pflicht. Wer verweigern möchte, bekommt nun andere Ratschläge als bisher.

Stand:

Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung haben nach dem Kabinettsbeschluss zum neuen Wehrdienst ihre Strategie geändert. „Seit letzter Woche empfehlen wir allen jungen Menschen – insbesondere denen, die nach dem 1. Januar 2010 geboren wurden – einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen, da sie laut dem neuen Wehrdienstgesetz sowieso gemustert werden sollen“, sagte der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFGVK), Michael Schulze von Glaßer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

„Bis vor Kurzem haben wir Ungedienten – also Zivilisten, die bislang noch nichts mit der Armee zu tun hatten – empfohlen, noch keinen Verweigerungsantrag zu stellen, da sie dann zur Musterung eingeladen worden wären“, so Schulze von Glaßer. So könnten sie „unter dem Radar fliegen“ und würden der Armee nicht auffallen. Dies werde sich aber mit der Neuregelung ändern.

Der Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst sieht vor, dass junge Männer ab Jahrgang 2008 vom 1. Januar nächsten Jahres an in einem Fragebogen Auskunft geben müssen, ob sie zu einem Wehrdienst fähig und bereit sind. Junge Frauen können die Fragebögen ausfüllen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Zunächst wird nur eine Auswahl des Jahrgangs zu einem „Assessment“ - einer Beurteilung - eingeladen. Ab dem 1. Juli 2027 soll aber auch die Musterung für Männer verpflichtend sein.

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Kriegsdienstverweigerung: Beratungsstellen registrieren Zulauf

Die Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung registrieren nun wieder wachsenden Zulauf. „Bei uns gehen immer mehr Anfragen ein, wenn das Thema Wehrdienst und Wehrpflicht in den Medien ist“, sagte Schulze von Glaßer. „Das war etwa in der letzten Woche so und ist auch noch nicht abgeebbt. Allein unsere Website zählte im August 54.946 Aufrufe. Im Mai lag die Zahl noch bei 24.151.“

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) teilte dem RND mit, die Wehrpflicht-Debatte habe die Zahl der Beratungsanfragen bereits im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent ansteigen lassen.

Beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das über die Anträge entscheidet, gingen in diesem Jahr bis Ende Juni bereits 1363 Anträge zur Anerkennung auf Kriegsdienstverweigerung ein. Im gesamten vergangenen Jahr lag die Zahl bei 2241 Anträgen, 2023 bei 1079 und 2022 bei 951 Anträgen.

Wehrbeauftragter will Pflichtjahr für Männer und Frauen

Unterdessen sprach sich der Wehrbeauftragter des Bundestages, Henning Otte, dafür aus, einen Pflichtdienst für alle in Deutschland einzuführen. „Ich plädiere für ein verpflichtendes Dienstjahr für Frauen und Männer, nicht nur militärisch. Auch in Blaulicht-Organisationen, kulturell, sportlich, ehrenamtlich“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“.

„Sich einbringen zu können, aber auch ein Benefit dafür zu bekommen und damit die Gesellschaft wieder stärker zusammenzuführen, das ist ein großes staatspolitisches Ziel.

Die Bundeswehr brauche dringend mehr Frauen, sagte Otte. Zwar habe die Koalition sich bislang auf Freiwilligkeit beim Wehrdienst festgelegt. Doch das könnte zu wenig sein.

„Wenn ich den Eindruck habe, dass es nicht ausreicht, um die Kameraden und Kameradinnen zu unterstützen, dann werde ich mich melden“, so der CDU-Politiker. „Der verpflichtende Wehrdienst wurde ausgesetzt, weil er sicherheitspolitisch nicht mehr begründbar war. Jetzt ist die Lage eine komplett andere. Und deswegen müssen wir darüber reden.“ (dpa)

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