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Todeszelle in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Texas

© dpa/Paul Buck

Update

Weniger Hinrichtungen, mehr Urteile: Amnesty: Staaten rechtfertigen Todesstrafe mit Kampf gegen Terror

Im vergangenen Jahr wurden weltweit deutlich mehr Todesurteile verhängt als 2013. Die Menschenrechtler von Amnesty International warnen vor der vermeintlichen Abschreckungswirkung der Todesstrafe gegen Terror. Es fehlen in der Statistik die Zahlen aus China.

Von Michael Schmidt

Die Todesstrafe wird laut Amnesty International in immer weniger Staaten vollstreckt - die Zahl der Todesurteile weltweit aber ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Während noch vor 20 Jahren in 41 Staaten die Todesstrafe vollzogen wurde, waren es 2014 noch 22 Staaten, heißt es in einem in Berlin veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Danach wurden rund um den Globus mindestens 2466 Todesurteile verhängt. Im Jahr zuvor waren es mindestens 1925 Urteile (+28 Prozent). Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty sprach von einem „dramatischen Anstieg“.

Die Zahl der registrierten Hinrichtungen ging nach diesen Angaben allerdings deutlich zurück. Die Menschenrechtler kamen für 2014 auf weltweit mindestens 607 Hinrichtungen (2013: 778, - 22 Prozent).

China hält Zahlen geheim

Allerdings fehlen in diesen Statistiken die Zahlen für China, wo genauere Angaben zu Hinrichtungen als Staatsgeheimnis behandelt werden. Amnesty gibt für die Volksrepublik nicht einmal Schätzungen bekannt. In dem Bericht heißt es dazu nur: „China hat wieder mehr Hinrichtungen ausführen lassen als der Rest der Welt zusammen.“ Dies würde bedeuten, dass es weltweit mehr als 1200 Exekutionen gab.

Nach letzten Schätzungen der amerikanischen Dui-Hua-Stiftung in San Francisco, die über gute Beziehungen in die chinesische Justiz verfügt, wurden 2013 in der Volksrepublik vermutlich etwa 2400 Menschen hingerichtet. Für 2014 gibt es noch keine neuen Daten. Der Dui-Hua-Vorsitzende John Kamm sagte der Deutschen Presse-Agentur jedoch: „Nach meinem Eindruck dürfte sich die Zahl auf dem Niveau von 2400 stabilisiert haben.“

Massenverurteilungen sorgen für Anstieg

Der starke Anstieg von Todesurteilen ist laut Amnesty ein Indiz dafür, dass eine Reihe von Staaten bei internen Konflikten, Bedrohungen durch Terrorismus oder zur Unterdrückung des politischen Gegners zunehmend auf dieses Mittel setzen. Dies gelte etwa für China, Nordkorea, Iran und Saudi-Arabien. „Gerade in einem Jahr, in dem wir abscheuliche Hinrichtungen durch bewaffnete Gruppen wie den 'Islamischen Staat' miterleben mussten, ist es beschämend, dass einige Staaten die Todesstrafe als Mittel gegen Terrorismus rechtfertigen“, sagte Oliver Hendrich, Vorstandssprecher von Amnesty International in Deutschland und Experte zur Todesstrafe. Der beunruhigende Anstieg der Todesurteile resultiere vor allem aus Massenverurteilungen in Ägypten und Nigeria im Zusammenhang mit internen Konflikten und politischer Instabilität.

Pakistan habe nach dem Angriff der Taliban auf eine Schule in Peschawar die Hinrichtung Hunderter Gefangener angekündigt, die wegen terroristischer Straftaten verurteilt wurden. „Terrorismus“ sei auch die Begründung für Hinrichtungen im Iran und Irak gewesen. In China setzten die Behörden laut Amnesty die Todesstrafe gegen die Unruhen in der autonomen uigurischen Region Xinjiang ein. Jordanien und Weißrussland hoben indes den Angaben zufolge mehrjährige Hinrichtungsmoratorien auf.

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