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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt 2015 die Biografie von Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) vor.

© Michael Kappeler/dpa

Nach der Rückzugsankündigung: Wie Schröder trennt Merkel ihre Ämter – mit einem Unterschied

Auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder trat 2004 als Parteichef zurück. Die Motivation war aber eine andere als bei Angela Merkel.

Von Antje Sirleschtov

Es war der 6. Februar 2004, ein Freitag, als Gerhard Schröder erst Vertraute, dann Joschka Fischer, den Vizekanzler von den Grünen, und schließlich die Öffentlichkeit informierte. Seine Reformpolitik der Agenda 2010, sagte der Bundeskanzler, wolle er „unbedingt“ weiterführen. Weil es aber darüber ein „Vermittlungsproblem“ in seiner Partei gebe, werde er sein Amt als Vorsitzender der SPD zur Verfügung stellen. Der Rest dieses Tages ist Geschichte: Schröder schlug Franz Müntefering als seinen Nachfolger vor, der jenen berühmten Satz vom SPD-Vorsitz als dem „schönsten Amt neben Papst“ sagte.

Nun hat Angela Merkel ihr Amt als CDU-Chefin zur Verfügung gestellt. Wie vor 14 Jahren Schröder muss sie erkennen, dass ihre Politik nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der eigenen Partei auf anhaltenden Widerstand stößt. Ämterteilung als letzter Ausweg, um Macht zu erhalten. Beide, Merkel und Schröder, hatten die Zusammengehörigkeit von Kanzlerschaft und Parteivorsitz als zwingende Voraussetzung für die Durchsetzungsfähigkeit von Politik betrachtet und verteidigt. 2003 hatte Schröder dem Land und seiner Partei eine sozialpolitische Rosskur verordnet. Obwohl weit mehr als die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik zur Agenda gehörte, ist davon bis heute vor allem Hartz IV in Erinnerung. Die Abschaffung der langjährigen Arbeitslosenunterstützung für alle, die ihren Job verloren, war eine Zäsur in der deutschen Sozialpolitik und führte zu massiven Protesten. Bis dahin, dass Kanzler Schröder offene Rebellion in der SPD fürchten musste.

Schröder wollte seine Politik über eine weitere Wahl fortsetzen - Merkel nicht

Noch an jenem 6. Februar beteuerte Schröder, er sehe keinen Anlass dazu, seine erneute Kandidatur für das höchste Regierungsamt in der für 2006 geplanten Bundestagswahl infrage zu stellen. Dazu gekommen ist es nicht: Die Kritik an der Agenda-Politik ebbte nicht ab, Schröder zog nach der für Rot-Grün verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Sommer 2005 die Reißleine, stellte die Vertrauensfrage und musste das Amt schließlich im Herbst 2005 an Angela Merkel abtreten.

Die damalige CDU-Vorsitzende Merkel hatte Schröders Entscheidung der Ämtertrennung als „Autoritätsverlust auf ganzer Linie“ bezeichnet. Der Tag des Rücktritts vom Parteivorsitz sei zugleich „der Anfang vom Ende von Rot-Grün und der Anfang vom Ende von Kanzler Gerhard Schröder“. So sollte es kommen, Merkel wird das als warnendes Beispiel für sich selbst erinnern. Und doch gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen 2004 und heute. Er liegt im Ziel des Rücktritts. Schröder wollte sich aus der Umklammerung der SPD befreien und seine Politik auch über eine weitere Wahl fortsetzen. Merkel dagegen markiert den Anfang ihres selbst gewählten Abtritts von der politischen Bühne. Auch, wenn das bei ihr wie bei ihrem Vorgänger nicht freiwillig und unter großem Druck passiert.

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