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Die Berliner Juso-Vorsitzende Annika Klose.

© picture alliance / Anna Kleimann

Quoten in Gremien und digitaler Ausbau: Wie sich die Jusos die Zukunft der SPD vorstellen

Für die Zeit nach der Parteivorsitzenden-Wahl fordern Jusos verschiedener Landesverbände nachhaltige Veränderungen – etwa eine Obergrenze für Amtszeiten.

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„Kulturwandel“ - so heißt das Zauberwort. Wer in diesen Tagen mit jungen SPD-Mitgliedern spricht, hört es immer wieder. Darauf hoffen sie jetzt. Damit die Freude über den neuen Auswahlprozess für die Parteispitze anhält, fordern Jungsozialisten aus unterschiedlichen Landesverbänden langfristig eine stärkere Einbindung junger und neuer Parteimitglieder sowie den Ausbau der digitalen Parteistrukturen.

Große Motivation unter jungen Mitgliedern

80.000 Mitglieder unter 35 Jahren hat die SPD-Jugendorganisation. Beim Regionalkonferenz-Marathon fielen viele von ihnen durch kritische Fragen auf. So auch Annika Klose, die seit 2015 die Vorsitzende der Hauptstadt-Jusos ist. Klose sagt, sie erlebe eine große Motivation bei jungen SPD-Mitgliedern, politisch mitzumischen. Diese seien enttäuscht, wenn man ihnen sage „warte lieber nochmal zehn Jahre“.

Tatsächlich beschweren sich junge Menschen, die sich erst seit Kurzem in der SPD engagieren, nicht selten über die komplizierten und undurchlässigen Strukturen. Die SPD gilt als eine Partei, in der man erst alle Stadien durchlaufen muss, bis man am Ende der ‚Ochsentour‘ an verantwortungsvolle Posten gelangt. Diese Haltung bremse die Vielfalt in der Partei, sagt Klose.

Um dies zu ändern hat sie gleich mehrere Forderungen: „Ich schlage vor, eine Obergrenze auf drei Amtszeiten für Ämter und Mandate festzulegen.“ So kämen frische Gesichter einfacher an Posten. Außerdem tritt sie für eine Newcomer-Quote von einem Drittel in Gremien ein: Mehr junge Menschen könnten so in den Entscheidungsgruppen ihren Meinungen Gehör verschaffen.

Zusammen mit diesen strukturellen Änderungen soll die SPD digitaler werden. Klose erlebt, wie viele motivierte Genossinnen und Genossen in der Lebensphase Ende 20, Anfang 30 aufgrund des beginnenden Berufslebens und der Familiengründung das politische Engagement zurückfahren müssen. Gut moderierte digitale Angebote könnten da helfen und eine größere Einbindung der Basis möglich machen. Nachholbedarf sieht Klose auch beim innerparteilichen Zusammenhalt: „Die Geschlossenheitsappelle werden oft von denen, die sie am lautesten fordern, selber nicht eingehalten.“

„Wir können es uns nicht leisten, ohne die Basis zu agieren“

Dieser Meinung ist auch Sophie Koch, die frisch gewählte sächsische Juso-Vorsitzende. Sie hat auf diese Form der Einmischung „keinen Bock“ mehr. Doch immerhin lerne die Partei gerade, Mitglieder auf mehreren Ebenen mit einzubeziehen.

Im Flächenland Sachsen setzt man bereits auf die digitale Einbindung. Als Bundesland mit verhältnismäßig wenigen SPD-Mitgliedern könne man es sich gar nicht leisten, ohne die Basis zu agieren, erklärt Koch, die selbst einen Youtube-Kanal betreibt.  Facebook- und Telegram-Gruppen, Web-Konferenzen – all das wird in Sachsen bereits genutzt.

Auch Hamburger Jusos fordern Ausbau digitaler Strukturen

Alexander Mohrenberg, Vorsitzender der Jusos in Hamburg, fordert ebenfalls den Ausbau der digitalen Strukturen. Ältere, die aufgrund von körperlichen Beschwerden nicht mehr so mobil seien, könnten sich damit leichter einbringen. Mohrenberg ist von den vergangenen Wochen begeistert: Zum ersten Mal seit 30 Jahren träten die Partei-Linken nicht nur dogmatisch, sondern auch lebensnah auf.

Zudem sei der Realo-Flügel visionärer geworden. Das Auswahlverfahren vitalisiere dabei nicht nur die SPD, sondern mache auch Nicht-Mitglieder neugierig. Für die stärkere Einbindung junger SPD-ler hält auch er den Vorschlag einer Juso-Quote für „sinnig“.

Wenn die neuen Parteivorsitzenden endlich feststehen, was ist dann aus junger Partei-Perspektive das drängendste Thema? Neben Digitalisierung und Umverteilung nennen die Juso-Landesvorsitzenden vor allem einen Punkt: die sozialökologische Wende. Ausschließlich der SPD traue er zu, den ökologischen Wandel ohne soziale Spaltungen zu meisten, sagt Mohrenberg in Hamburg.

Und auch die Berlinerin Klose sieht dies als „die Mammutaufgabe der Partei“. Der Prozess, der mit der neuen Vorsitzenden-Suche angestoßen wurde, macht den Jungsozialisten in Berlin, Hamburg und Dresden Hoffnung. Deutlich wird aber auch: Aus ihrer Sicht ist das nichts als ein Anfang.

Anna Thewalt

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