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Politik: …wir den Rohstoff Nuss-Nougat sichern

Creme kann nicht brechen, das gibt die Konsistenz einfach nicht her. Auch deshalb muss man ganz deutlich dem Gerede vom „Wegbrechen“ eines weiteren Stücks Ostidentität entgegentreten.

Creme kann nicht brechen, das gibt die Konsistenz einfach nicht her. Auch deshalb muss man ganz deutlich dem Gerede vom „Wegbrechen“ eines weiteren Stücks Ostidentität entgegentreten. (Welche Konsistenz hat eigentlich Identität?) Es heißt, nun breche auch noch Nudossi weg, die „Nutella des Ostens“.

Nudossi war die Überholenohne- einzuholen-Variante auf dem Sektor der Nuss-Nougat-Cremes, im Folgenden NNC genannt. Wahrscheinlich waren es die DDR-Zöllner irgendwann leid, jedes Nutella-Glas in den Westpaketen auf Schmuggelware zu untersuchen, weshalb die Abteilung Genussmittel im SED-Zentralkomitee beschloss, der Bevölkerung eine heimische NNC- Variante an die Hand zu geben.

In den frühen achtziger Jahren gelang es der Nahrungsmittelindustrie der DDR, ein Produkt zu entwickeln, das den Anforderungen geschmacklich entsprach und den fröhlich-nussigen Namen „Nudossi“ erhielt. Leider kam man in der Produktion jedoch nicht ohne Kakao aus. Da der knapp war, war auch Nudossi knapp.

Wer in der Kaufhalle zufällig auf ein gefülltes Nudossi-Regal stieß, der leerte es sogleich komplett, tauschte die Nudossi-Portionen, die er nicht selbst benötigte, gegen Wartburganlasser oder Badarmaturen und verschlimmerte damit die NNC-Versorgungslage weiter. Der DDR-Volkswirtschaft gelang es bis zum Mauerfall nicht, die Bevölkerung aus ihrer Nutella-Abhängigkeit zu befreien. Das war umso verhängnisvoller, als sich die Bevölkerung nach Mauerfall auch nicht selbst aus dieser Abhängigkeit befreien mochte. Es stand nun genug Kakao für die Nudossi-Produktion zur Verfügung, doch die Bevölkerung kaufte Nutella. Nudossi gab es bald nicht mehr.

Die Einstellungen änderten sich, 1999 wagte eine kleine Firma, wieder Nudossi anzubieten, und siehe da, es wurde gekauft, zuletzt 1300 Tonnen im Jahr, und die fast ausnahmslos im Osten. Dass die Firma jetzt dennoch pleite ist, hat mit Rohstoffpreisen und Bankkrediten zu tun, eine missliche Angelegenheit.

Nun gilt es, Ruhe zu bewahren! Die Lage im Osten ist angespannt genug, leere Nudossi-Regale könnten zu weiterer Missstimmung beitragen und den populistischen Heilsversprechern Wähler zutreiben. Entweder es gelingt, Nudossi zu retten (garantiert günstiger als Holzmann), oder man muss schonungslos aufklären: Ein Leben ohne Nudossi ist möglich! Wer das Zeug früher gegen Vergaser eingetauscht hat, der soll jetzt ohnehin schweigen! Und, wie gesagt, von „Wegbrechen“ kann keine Rede sein. dae

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