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Politik: ...wir in Möbeln die Zukunft lesen

An dieser Stelle haben wir, seltsam, noch nie über Feng Shui gesprochen. Und das bei der Karriere!

An dieser Stelle haben wir, seltsam, noch nie über Feng Shui gesprochen. Und das bei der Karriere! Der Brockhaus von 1978 kennt den Begriff noch nicht einmal, heute dagegen kauft kaum jemand ein IkeaRegal, ohne vorher den dafür vorgesehenen Platz zu Hause fengshuimäßig checken zu lassen, Spiegel umzuhängen, Betten zu drehen, tragende Wände wegzuflexen, Wasseradern umzuleiten, was halt so dazugehört zum Schutz vor sinnlos herumirrenden Energien.

Damit könnte es genug sein, hätten nicht die Feng-Shui-Meister in Hongkong, eine Art Politbüro der fernöstlichen Harmonielehre, längst ihren Aktionsradius erweitert: Sie üben sich in Vorhersagen. Die aktuellen Meldungen verraten nicht, wie dies geschieht, ob sie aus den Trümmern von zusammengebrochenen Schrankwänden lesen oder einfach nur die Hexagramme des I Ging auswerten. Doch das Resultat ihrer Überlegungen ist eindeutig: Das Korea-Problem darf als gelöst gelten, weil sich Condoleezza Rice, die US-Außenministerin, in den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Il verliebt. Und zwar zum chinesischen Neujahr.

Bevor die beiden nun allerdings die Weltpresse an ihr Bett im Marriott Pjöngjang bitten und gemeinsam „Give peace a chance“ singen, sind noch ein paar Hindernisse zu überwinden. Das gewichtigste besteht vermutlich darin, dass Kim Jong Il bislang überhaupt nicht daran denkt, Herz und Hirn zu öffnen für die doch sehr anders gearteten Grundüberzeugungen seiner Zukünftigen. Im Gegenteil: Er wettert ungebremst gegen „blinde Anhänger der Bourgeoisie“, die er an den langen Haaren erkennt, „unhygienische antisozialistische Dummköpfe“. Und hat sich selbst die einst ziemlich langen Haare auf Stoppelschnitt trimmen lassen; prominente Pilzköpfe werden im nordkoreanischen Fernsehen öffentlich zusammengefaltet.

Das wird nicht reichen für die Liebe bis zum Neujahrsfest, es sei denn, Kim Jong Il wäre CIA-Agent und ließe die Tarnung rechtzeitig fallen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Feng-ShuiMeister einen kleinen Fehler in ihren Ausgangsdaten übersehen haben. Ein einziges Hexagramm auf den Kopf gestellt, und schon fließt die Energie vom State Department nach Korea, statt den Ort zu treffen, den sie treffen soll, ja: muss. Berlin. Hiesige Feng-Shui-Zirkel gehen davon aus, dass es in Wirklichkeit den notorischen Womanizer Joschka Fischer treffen wird. Fischer/Rice – das wäre ein Hochamt des Weltfriedens. Sie müssen nur im Adlon noch die Möbel an die richtige Stelle rücken. bm

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