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Auch Tunesiens Präsident Beji Caid Essebsi war dabei, als die neue Regierung am Freitag vereidigt wurde.

© Fethi Belaid/AFP

Neue Regierung in Tunesien: "Wir sind stolz auf die Ziele der Revolution"

Vor vier Jahren begann der Arabische Frühling mit der Jasminrevolution in Tunesien. Jetzt kann die neue Regierung mit der Arbeit beginnen. Die Herausforderungen sind riesig.

Mit großer Mehrheit hat jetzt das tunesische Parlament der Regierung von Habib Essid das Vertrauen ausgesprochen. 166 Parlamentarier stimmten mit Ja, 30 mit Nein, acht enthielten sich der Stimme. Damit ist vier Jahre nach der Jasminrevolution von 2011 der Weg frei für eine stabile demokratische Regierung. Zur Regierungsmehrheit des parteilosen Ökonomen Habib Essid tragen die säkulare Partei Nidaa Tounes mit 86 Sitzen, die gemäßigt islamistische Partei Ennahda mit 69 Sitzen sowie die Union Patriotique Libre (UPL) mit 16 Sitzen und die liberale Partei Afek Tounes mit acht Sitzen bei.

Wie der Radiosender mosaique fm auf seiner Website meldet, dankte der designierte Ministerpräsident auch den zivilgesellschaftlichen Organisationen, dem Arbeitgeberverband UTICA, dem Gewerkschaftsdachverband UGTT, der Liga der Rechtsanwälte, der Liga für Menschenrechte, der Wahlkommission ISIE, dem scheidenden Übergangsministerpräsidenten Mehdi Jomaa, den Organisationen der Zivilgesellschaft und den Parlamentariern. "Ich erweise allen Märtyrern und Lotfi Nagdh, Chokri Belaid und Mohamed Brahmi die Ehre. Wir sind stolz auf die Ziele der Revolution", sagte Essid und kündigte an, die politisch motivierten Morde in der Vergangenheit lückenlos aufzuklären. Am Freitag übernahm dann in einer feierliche Zeremonie offiziell Habib Essid die Regierungsgeschäfte.

Kampf gegen den Terrorismus

Essid kündigte Strukturreformen an, um den Bedürfnissen der Jugendlichen gerecht zu werden. Der Kampf gegen den Terrorismus und die öffentliche Sicherheit stehen mit an oberster Stelle. Er versprach eine Verstärkung des Zolls, den Kampf gegen die organisierte Kriminalität und eine bessere Zusammenarbeit bei der Grenzsicherung mit den Nachbarländern. Gegen den unkontrollierten Anstieg der Preise und den Schwarzhandel will der designierte Ministerpräsident ebenfalls vorgehen. Ganz oben auf der Liste stehen das Müllproblem und die Umweltverschmutzung. Zudem soll die monatliche Unterstützung für 230000 bedürftige Familien um 30 Dinar (15 Euro) auf 150 Dinar angehoben werden.

Die Regierung hat sich ohnehin viel vorgenommen angesichts des Vakuums, das durch die diversen Übergangsregierungen seit der Revolution 2011 entstanden ist. Im Prinzip muss alles reformiert werden - das Unterrichtswesen, die Investitionsgesetze, das Justizwesen, die regionale Entwicklung, um vor allem das Nord-Süd-Gefälle im Lande auszugleichen. Auch Künstlern und Kunsthandwerkern sagte der Ministerpräsident Unterstützung zu. "Die Verwaltung darf kein Hindernis sein", sagte Essid in seiner Rede, sie müsse die Dinge vielmehr erleichtern.

Bedeutung der Zivilgesellschaft

Typisch tunesisch ist immer wieder die Betonung der Zivilgesellschaft, die so viel für die erfolgreiche Revolution geleistet hat. Die Regierung werde daran arbeiten, den Dialog mit den unterschiedlichen Organisationen der Zivilgesellschaft zu verstärken. "Der Staat repräsentiert alle Tunesier. Wir werden keine Parallelstrukturen dulden", sagte Essid. Es gehe darum, die Freiheit, die Menschenrechte und die Gleichheit zu stärken.

Mit dem ausgesprochenen Vertrauen durch das Parlament verfügt die Regierung nun über eine stabile Mehrheit, die Vielzahl der notwendigen Reformen anzugehen. Nachdem ein erster Vorschlag mit einer Minderheitsregierung ohne die gemäßigt islamistische Partei Ennahda im Parlament gescheitert war, hatte Essid die Partei nun einbezogen und ihr ein Ministeramt und drei Staatsekretäre zugestanden. Jeder Minister habe nun zehn Tage Zeit, seine Pläne vorzulegen. Essid kündigte an, nach 100 Tagen die Arbeit der Regierung evaluieren zu lassen. Er kündigte einen Plan für die nächsten fünf Jahre an sowie eine internationale Konferenz Ende des Jahres, um dringend notwendige Investitionen einzuwerben.

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