
© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
„Wo Schnittmengen mit der Linken liegen, werden wir sehen“: Ex-Grüne-Jugend-Chefinnen umreißen geplante Neugründung
Aus Protest verließen Svenja Appuhn, Sarah Lee Heinrich und Katharina Stolla die Grüne Jugend. Mit ihrem neuen politischen Projekt wollen sie „die Wut vieler Menschen in diesem Land ernst nehmen“.
Stand:
Die ehemaligen Sprecherinnen der Grünen Jugend, Svenja Appuhn, Sarah Lee Heinrich und Katharina Stolla haben ihren Plan für eine neue, linke Jugendorganisation begründet. „Wir glauben, dass es eine linke Kraft braucht, die die Wut vieler Menschen über die Zustände in diesem Land nicht abmoderiert, sondern ernst nimmt“, schreiben sie in einem am Donnerstag veröffentlichten Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ, Onlineausgabe).
Früher hätten Linke mit der „Verheißung eines besseren Lebens für die Massen die Herzen gewonnen“, heißt es dort. Heutzutage würden hingegen viele eher der AfD zutrauen, die materiellen Lebensbedingungen zu verbessern. Der SPD und den Grünen fehle angesichts ihrer Regierungsbeteiligung die Glaubwürdigkeit, zukünftig Verbesserungen durchzusetzen. Dem „Rest der Linken“ kaufe niemand ab, dass „sie sich durchsetzen werden“.
Die ehemaligen Sprecherinnen werfen den Grünen und generell der politischen Linken vor, das Gefühl für normale Lebenslagen und soziale Sicherheit verloren zu haben. „Viele Menschen haben diejenigen, die sich im weitesten Sinne als links bezeichnen, in den letzten Jahren eher als realitätsfern und abgehoben erlebt“, heißt es in dem Gastbeitrag.
Autorinnen fordern Rückbesinnung auf Klassen-Politik
Materielle Fragen seien in den letzten Jahrzehnten aus dem Fokus vieler Linker geraten. „Die Hinwendungen zu Themen rund um Identität, Anerkennung und Antidiskriminierung standen mit der sozialen Frage nie im Widerspruch. Doch mit dem Fokus auf Unterschiede ging die Identifizierung als gemeinsame Gruppe – als Klasse – verloren“, schreiben die Autorinnen.
Auch sie selbst seien Teil dieser politischen Entwicklung in den letzten Jahren gewesen. „Wir wurden politisiert in einer Zeit voller Debatten um den CO₂-Fußabdruck und korrekte Sprache.“ Dieser Weg habe allerdings in die Sackgasse geführt. „Für uns gehört die soziale Frage in den Mittelpunkt.“
Heinrich sprach erst am Sonntag als Gastrednerin auf dem Linken-Bundesparteitag in Halle an der Saale. Sie und ihre beiden Mitstreiterinnen wollen allerdings zunächst unabhängig von der Linkspartei „unseren eigenen Weg“ gehen. „Inwiefern wir mit der Linken gemeinsame Überlegungen teilen und wo Schnittmengen liegen, werden wir sehen“, heißt es im FAZ-Gastbeitrag. Die Linkspartei sei dennoch spannend, „weil sie sich gerade grundlegend verändert“.
Ende September hatte der damalige Bundesvorstand der Grünen-Jugend um Appuhn und Stolla seinen Rücktritt und den Austritt bei den Grünen erklärt. Heinrich, die bis Oktober 2023 Bundessprecherin der Grünen Jugend war, sowie diverse Mitglieder von Landesvorständen der Grünen-Nachwuchsorganisation schlossen sich diesem Schritt an. Bereits damals wurde die Gründung eines „neuen, dezidiert linken Jugendverbands“ angekündigt. (Trf, AFP)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: