Menschenrechte: Zentralasien gibt Steinmeier einen Korb
Außenminister Steinmeier und EU-Außenkommissarin Ferrero-Waldner sind mit ihren Mahnungen zu Demokratie und Menschenrechten bei den zentralasiatischen Staaten auf wenig Gegenliebe gestoßen. Bei der Energie wolle man sich aber trotzdem verstehen, hieß es in Astana.
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Astana - Die EU will die Zusammenarbeit mit Zentralasien auf breiter Front ausbauen und erwartet von den rohstoffreichen früheren Sowjetrepubliken rasche politische Reformen. Der Weg zu einer rechtsstaatlichen Entwicklung und stärkeren Einhaltung der Menschenrechte in der Region müsse fortgesetzt werden, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach dem ersten Treffen mit seinen Amtskollegen aus den fünf mehr oder weniger autoritär regierten Ländern in der kasachischen Hauptstadt Astana. Auch EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner forderte eine Öffnung. Es reiche nicht aus, politische Veränderungen immer nur zu versprechen. "Wir wollen die Reformen auch sehen", erklärte die frühere österreichische Außenministerin.
In zum Teil scharfer Form wiesen die Gastgeber diese Forderungen als "offene Einmischung" zurück. Insbesondere der usbekische Außenminister Wladimir Norow verwahrte sich gegen solche "einseitigen Erklärungen" von EU-Seite. "Usbekistan ist ein asiatisches Land. Rund 6000 Kilometer von Brüssel entfernt", erklärte er auf der Pressekonferenz mit Steinmeier. Die Europäer sollten sich nicht als "Lehrer" aufführen und die Zentralasiaten als "Schüler" behandeln. Norow ließ keinerlei Entgegenkommen bei den Sanktionen erkennen, die die EU nach der blutigen Niederschlagung einer Revolte in der usbekischen Stadt Andischan im Mai 2005 verhängt hatte. Eine Lockerung oder Aufhebung sei allein "Sache der EU", betonte er und fügte hinzu: "Wir brauchen uns vor niemandem zu rechtfertigen."
EU hält Sanktionen gegen Usbekistan aufrecht
Steinmeier hatte zuvor in einem Gespräch mit seinem Amtskollegen offenbar vergeblich versucht, die Zusage für einen freien Zugang des Roten Kreuzes zu usbekischen Gefängnissen zu erhalten. Die EU-Sanktionen sehen ein Waffenembargo und eine Einreisesperre für hohe usbekische Offizielle vor. Auch der kasachische Außenminister Marat Taschin warnte die EU davor, den Reformdruck auf die Anrainerländer zu erhöhen. Auf diesem Weg müsse man "vorsichtig und unter Berücksichtigung der Traditionen" in der Region vorgehen.
Trotz der offenen Differenzen in der Demokratisierungsfrage ist nach Steinmeiers Worten "die Zeit reif" für eine enge Partnerschaft mit dem zentralasiatischen Raum. Vereinbart wurden regelmäßige Treffen auf Außenministerebene und eine Konkretisierung der Zentralasienstrategie, die unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Juni verabschiedet werden soll. Als einen Schwerpunkt dafür nannte Steinmeier einen engen Energiedialog mit dem Ziel, Transportrouten und Lieferungen von Öl und Gas nach Europa zu diversifizieren und damit Europa weniger von Russland abhängig zu machen. Zurückhaltend äußerte sich der kasachische Außenminister zu Plänen, eine Pipeline aus der Region durch das Kaspische Meer - und damit unter Umgehung Russlands - nach Europa zu bauen. Die Voraussetzungen dafür, insbesondere die Kosten und die technische Machbarkeit, seien noch nicht geklärt.
750 Millionen Euro für Projekte in der Region
Die EU will nach Angaben von Kommissarin Ferrero-Waldner bis 2013 etwa 750 Millionen Euro zusätzlich für Zentralasien zur Verfügung stellen. Die Gelder sollen unter anderem für Bildungs- und Wasserprojekte sowie in die Ausbildung von Grenztruppen fließen. An dem Treffen mit Steinmeier, der auch vom kasachischen Staatschef Nursultan Nasarbajew empfangen wurde, nahmen die Außenminister von Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und Tadschikistan teil.
Turkmenistan war durch einen Vizeaußenminister vertreten, der der gemeinsamen Pressekonferenz fern blieb. In der bislang nach außen abgeschotteten früheren Sowjetrepublik hat nach dem plötzlichen Tod des langjährigen Diktators Saparmurad Nijasow im vergangenen Dezember ein Machtwechsel stattgefunden. Die seit Februar amtierende Führung hat angekündigt, das Land mehr zu öffnen. (tso/dpa)
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