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Beate Zschäpe im NSU-Prozess.

© AFP

40. Tag im NSU-Prozess: Zeugin will Zschäpe vor Mord in Dortmund gesehen haben

Wenige Tage vor dem Mord an dem Deutschtürken Mehmet Kubasik in Dortmund will eine Zeugin Beate Zschäpe in der Stadt beobachtet haben - in Begleitung von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos.

Von Frank Jansen

Die Frau Anfang 60 bemüht sich, betont akkurat zu formulieren, der leicht österreichisch gefärbte Ton klingt selbstbewusst. „Als ich das Fahndungsfoto von Frau Zschäpe gesehen habe, habe ich gesagt, das ist die Frau, die ich damals gesehen habe“, berichtet Veronika A. dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München. Es ist Montag, es ist der 40. Verhandlungstag im NSU-Prozess, die Tribüne für Journalisten und Zuschauer ist voll besetzt, weil eine brisante Geschichte erwartet wird.

Die in Österreich geborene, freiberufliche Journalistin will im April 2006 in Dortmund die NSU-Killer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gemeinsam mit Beate Zschäpe gesehen haben. Nur Tage bevor Mundlos und Böhnhardt am 4. April 2006 in der Ruhrgebietsstadt den deutschtürkischen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik ermordeten. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe sollen zusammen mit einem Skinhead auf dem Nachbargrundstück des Hauses, in dem A. wohnte, gestanden haben.

War Zschäpe selbst am Mord beteiligt?

Sollte das stimmen, wäre Zschäpe möglicherweise an der Vorbereitung der Tat oder sogar an dem Mord selbst beteiligt gewesen. Und vielleicht hat ein Skinhead aus der lokalen rechten Szene geholfen. Wenn die Zeugin jedoch fantasiert, ist die Geschichte nicht mehr als ein makaberes Detail eines Prozesses, dessen Dimension manche Verschwörungstheoretiker und Wichtigtuer fasziniert.

Sie habe vom Dachgeschoss des Hauses, in dem sie damals wohnte, eine Gruppe schwarz gekleideter Menschen beobachtet, sagt A.. Sie habe zunächst gedacht, „ein Skinhead und drei Punker“. A. nahm dann ein Fernglas zur Hand, „das immer am Fenster steht“. Sie sei „zum Schluss gekommen, dass es sich nicht um Punker handelt“. Die drei Männer hätten eine geradezu militärische Haltung eingenommen, „nicht wie Punker, die in der Gegend herumhängen“. Und die Frau, die A. für Zschäpe hält, sei dann nach vorne getreten. Die Zeugin vermutet, die Frau habe sie gesehen. Zeugin A. sagt, sie habe das Fenster geöffnet, um sich bemerkbar zu machen. In dem Moment habe Zschäpe zu ihr hochgeschaut. „Sie hat den Blick gehalten und etwas zur Seite gesprochen“, sagt A., „in dem Moment blickten alle hoch“. Die Gruppe sei dann „vorbildlich“ umgeschwenkt und schnell verschwunden.

Zeugin: Ein großes Wohnmobil stand in der Straße

Die Geschichte wirkt auch brisant, weil A. sagt, kurz vor dieser Begegnung habe ein großes, weißes Wohnmobil in ihrer Straße gestanden. Mundlos und Böhnhardt sind bekanntlich mehrmals mit Wohnmobilen zu den Tatorten gefahren. Es erscheint allerdings fraglich, ob es sich bei dem Wohnmobil, das A. sah, um das Fahrzeug handelte, das Mundlos und Böhnhardt für die Taten in Dortmund und Kassel genutzt haben sollen. Dieses Wohnmobil war nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft vom 3. bis zum 7. April 2006 gemietet. Es wäre allerdings nicht auszuschließen, dass die Terrorzelle und mögliche Helfer ein zweites Wohnmobil genutzt haben könnten. Zschäpe reagiert auf die Aussage in der üblichen Manier: Arme verschränkt, minimale Mimik.

Seltsam erscheint, dass A. sich erst in diesem Sommer offenbarte. Und nicht gegenüber Polizei oder  Bundesanwaltschaft, sondern bei dem Hamburger Anwalt Thomas Bliwier. Er vertritt mit Kollegen Angehörige des in Kassel vom NSU erschossenen Deutschtürken Halit Yozgat. Die Tat geschah nur zwei Tage nach dem Mord in Dortmund. A. sagt, sich an die Polizei zu wenden, sei für sie „eine Stufe zu hoch gewesen“. Auf Bliwier sei gekommen, weil er im Juni einen Beweisantrag stellte, den aus der Dortmunder rechten Szene stammenden, in Bielefeld inhaftierten Brieffreund Zschäpes als Zeugen zu laden.

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