Politik: Zum Schutz der Truppe
Der Verteidigungsausschuss will 50 Millionen Euro für einen Schild gegen Taliban-Angriffe bewilligen
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Berlin - Der Verteidigungs- und der Haushaltsausschuss des Bundestages wollen am heutigen Mittwoch 50 Millionen Euro für die Entwicklung des Flugabwehrsystems „Skyshield“ (Himmelsschild“) bewilligen. Der Schutzschild soll die deutschen Bundeswehrcamps in Afghanistan vor Raketen-, Artillerie- und Mörserangriffen (RAM) aus nächster Nähe schützen. Das System kann selbst kleinste Geschosse erfassen, deren Flugbahn vorausberechnen und diese automatisch verfolgen und zerstören. Allerdings steht die neue Flugabwehr nicht sofort zur Verfügung: Das Verteidigungsministerium rechnet mit der Einsatzbereitschaft frühestens ab 2009. Dann sollen zwei der Schutzschilde angeschafft werden. Möglicherweise soll die Zahl später aufgestockt werden.
„Die Pläne kommen insgesamt zu spät“, kritisiert Verteidigungsausschuss-Mitglied und Grünen-Politiker Winfried Nachtwei. „Hier hat es eine falsche Prioritätensetzung gegeben.“ Der bessere Schutz deutscher Soldaten in Afghanistan sei bereits vor zwei Jahren diskutiert worden, als es um die deutsche Beteiligung am umstrittenen internationalen Raketenabwehrssystem Meads ging. Über die Notwendigkeit eines Abwehrsystems für den Nahbereich bestehe im Bundestag inzwischen aber weitgehend Konsens. Mit Gegenstimmen rechnet Nachtwei allenfalls aus der Linksfraktion. „Der Skyshield ist absolut sinnvoll“, sagt der Grünen-Politiker. FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff kritisiert, dass die geplante Nutzung von zwei Schutzschilden für die drei deutschen Camps in Afghanistan nicht ausreiche.
Bei Rheinmetall dürfte man sich über die Pläne aus dem Verteidigungsministerium freuen: Das deutsche Rüstungsunternehmen hat das Flugabwehrsystem zusammen mit der Schweizer Firma Oerlikon entwickelt. Allerdings ist das System nach Expertenmeinung in einigen Details noch nicht ausgereift und muss überarbeitet werden. Grundsätzlich funktioniert der „Himmelsschild“ so: Kleinkalibrige Geschosse, die aus kurzer Entfernung von Angreifern auf ein deutsches Camp abgefeuert werden, werden vom Lager aus von einem 35-Millimeter-Geschütz aufs Korn genommen. In der Luft teilt sich das Geschoss in viele kleine Metallteile, die das Ziel anvisieren. Durch diesen „Gießkanneneffekt“ erhöht sich Wahrscheinlichkeit, das feindliche Geschoss zu treffen. Zudem sind die hochsensiblen Sensoren des Systems in der Lage, den Standort des Aggressors in Sekundenschnelle festzustellen. Bislang verfügten nur die Amerikaner über ein ähnliches Flugabwehrsystem namens Phalanx, das allerdings für den Schiffsbetrieb und die Abwehr von größeren, trägeren Flugkörpern entwickelt wurde.
Sollte sich die Skyshield-Technologie als zweckmäßig erweisen, kann Rheinmetall in Zukunft mit millionenschweren Aufträgen rechnen. „Die Exportchancen eines RAM-Abwehrsystems sind insbesondere innerhalb der Nato-Staaten als hoch einzuschätzen“, heißt es dazu in einem fraktionsinternen Vermerk. „Ein solches Abwehrsystem wird insbesondere in Afghanistan dringend gebraucht.“
Die Bundeswehr rechnet angesichts der von den radikalislamischen Taliban angekündigten Frühjahrsoffensive in Südafghanistan auch mit Anschlägen auf ihre Feldlager in Masar-i-Scharif, Faisabad und Kundus im Norden des Landes. Nach den bisherigen Erfahrungen greifen die Taliban die Militärcamps meist mit 60-Millimeter-Mörser-Granaten oder 107-Millimeter-Raketen an, die sie von improvisierten Werfern abschießen.
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