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Politik: Zurück zu Europa

Der künftige Regierungschef Zapatero ändert den Kurs – den Irakkrieg nennt er einen schrecklichen Irrtum

MACHTWECHSEL IN SPANIEN

„Der Irakkrieg war eine Katastrophe", urteilte Spaniens designierter Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero. „Und die Besetzung ist auch eine Katastrophe“, fügte der 43-Jährige hinzu: „Das alles hat nur mehr Gewalt erzeugt." Nach dem überraschenden Wahlsieg der spanischen Sozialdemokraten kündigte Zapatero am Montag einen Kurswechsel in der Außenpolitik an. Die rund 1300 spanischen Soldaten, die sich derzeit im Irak befinden, sollen „vor dem 30. Juni“ zurückkehren. Die neue sozialdemokratische „Regierung des Wandels“ werde von dieser Entscheidung nur abrücken, wenn bis zum Sommer die Vereinten Nationen die Kontrolle im Irak übernommen haben. Auch wolle er Spaniens Europapolitik wieder Vorrang geben.

Die Sozialistische Arbeiterpartei hatte am Sonntag entgegen aller Vorhersagen die Parlamentswahl mit knapp 42,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Die konservative Volkspartei von Jose Maria Aznar stürzte von ihrer absoluten Mehrheit auf 37,6 Prozent. Aznar hatte vor Monaten angekündigt, nicht mehr antreten zu wollen, und seinen Regierungssprecher Mariano Rajoy zum Spitzenkandidaten ernannt. Mangels absoluter Mehrheit wollen sich die Sozialdemokraten nun von Fall zu Fall Partner im Parlament suchen.

Die Kommentatoren gingen davon aus, dass der verheerende Terroranschlag am vergangenen Donnerstag, der offenbar von islamistischen Terroristen begangen und in einem Bekennerschreiben mit dem Irakkrieg begründet wurde, die Konservativen die Macht kostete. Aznar hatte den Irakkrieg von US-Präsident George W. Bush und Großbritanniens Premier Tony Blair als einer der wenigen westeuropäischen Regierungschefs vorbehaltlos unterstützt. Nach dem Anschlag versuchte die konservative Regierung, Informationen über dessen islamistischen Hintergrund zunächst zurückzuhalten.

Zapatero forderte auch Bush und Blair zum Kurswechsel auf. „Denn man kann nicht ein Volk einfach nur vorsorglich bombardieren“, sagte er. Die Zeit habe gezeigt, „dass die Argumente, die uns in den Krieg führten, nicht glaubwürdig waren“. Der Krieg sei ein schrecklicher Irrtum gewesen, die spanischen Truppen würden deswegen nach Hause geholt. Zugleich wies Zapatero den Vorwurf zurück, dass die Terroristen mit dem Massaker in Madrid ihm indirekt zum Wahlsieg verholfen hätten. Der Triumph der Sozialdemokratie sei die Frucht von seinen vier Jahren Oppositionsarbeit. Zapatero hatte im Sommer 2000 den Parteivorsitz übernommen. Er versprach am Montag, den Kampf gegen den Terrorismus zu einem seiner Hauptziele zu machen.

Auch sprach sich Zapatero für eine Rückbesinnung Spaniens auf Europa aus. Der konservative Regierungschef Aznar hatte in den letzten Jahren seiner Amtszeit den Anschein erweckt, als würde er der Beziehung zu den USA den Vorrang geben. Unter Aznar rückte Spanien von seinen traditionellen Verbündeten Deutschland und Frankreich in der Außenpolitik ab. „Spanien wird europäischer sein, als niemals zuvor“, prophezeite nun der Chef der Sozialdemokraten. Ein vereintes und starkes Europa sei „eine Garantie“ für den Fortschritt. Vor allem die Beziehungen zu Berlin und Paris sollen verbessert werden. Mit dem Regierungswechsel in Spanien könnte auch Bewegung in den Streit um die EU-Verfassung kommen.

Ralph Schulze[Madrid]

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