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Brandenburg: 148 neue Stellen für den Kinderschutz

Bezirke und Senat einigen sich auf die Einstellung von Sozialarbeitern. Mehr Fälle von Vernachlässigung

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Berlin - Nach zähem Ringen um die Besetzung von offenen Stellen in den Berliner Jugendämtern haben sich Bezirke und Senat jetzt auf einen Kompromiss geeinigt: Erstmals seit zwölf Jahren dürfen die Bezirke wieder Sozialarbeiter von außen einstellen, die im Kinderschutz eingesetzt werden sollen. Bis Ende 2009 sollen 90 Sozialarbeiter neu eingestellt werden – 30 noch in diesem, 60 im kommenden Jahr. Im Gegenzug verpflichten sich die Bezirke, weitere 58 pädagogische Fachkräfte aus dem Stellenpool zu übernehmen. Darauf verständigten sich jetzt alle zwölf Bezirksbürgermeister. „Dass dieser Gordische Knoten zwischen Senatsfinanzverwaltung und den Bezirken endlich durchgeschlagen worden ist, ist sensationell“, sagte der Jugendstadtrat von Mitte, Rainer-Maria Fritsch (Linke). „Endlich hat die Vernunft gesiegt“, bewertete Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) diesen Kompromiss, um den die Bezirke seit einem Jahr gekämpft hätten.

Gab es 2003 noch 1484 sozialpädagogische Fachkräfte in den Jugendämtern, waren nach einer internen Berechnung im Vorjahr nur noch 1280 Fachkräfte tätig. Ursprünglich sollten die Bezirke Personal aus dem Stellenpool zugewiesen bekommen, die offene Stellen besetzen sollten. Doch das funktionierte nur mäßig: Die Jugendstadträte kritisierten erstens die mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter, und zweitens die lange Wartezeit, bis sich Interessenten aus dem Stellenpool in den Verwaltungen meldeten. Mit dem Kompromiss dürften die Bezirke nun keine Probleme haben, Sozialarbeiter auf dem freien Arbeitsmarkt zu bekommen: Nach Auskunft der Regionaldirektion waren in Berlin in diesem Jahr 6302 Sozialarbeiter arbeitslos gemeldet.

In einem Brandbrief Ende Mai beklagten alle zwölf Jugendstadträte, dass sie mit der Zunahme von Fällen von Kindesvernachlässigung nicht mehr hinterher kämen: Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei allein 751 Fälle von Kindesvernachlässigungen, im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von 29 Prozent. Im ersten Halbjahr gingen beim Kindernotdienst bereits 414 Hinweise auf Vernachlässigung ein; 65 Kinder wurden aus den Familien genommen. Um solchen Fällen vorzubeugen, hat der Senat im Frühjahr 2007 das Netzwerk Kinderschutz beschlossen, das die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Behörden und Polizei verbessern soll.

An anderer Stelle gibt es noch keine Lösung. Nach wie vor ungeklärt ist, wie nicht besetzte Stellen im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) besetzt werden. „Wir hätten gern einen Kompromiss mit dem Senat erzielt, um fehlendes Personal einzusetzen“, sagte der Spandauer Gesundheitsstadtrat Martin Matz (SPD). Der KJGD soll alle Eltern von Erstgeborenen verpflichtend aufsuchen und die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder durchführen. Der Senat plant außerdem die Einführung eines verpflichtenden Einladungswesens: Sollten Eltern trotz Aufforderung mit ihren Kinder nicht zu den Untersuchungen erscheinen, soll ebenfalls der Gesundheitsdienst aktiv werden. Ob es neue Stellen auch für den KJGD geben wird, ist fraglich. Die Senatsfinanzverwaltung geht aber schon jetzt davon aus, dass es „keine Außeneinstellungen“ geben werde, so Sprecherin Kristina Tschenett.

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