
© A. Klaer
Brandenburg: „18,9 Milliarden Euro Schulden zum Jahresende“
Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov über die Herabstufung des Ausblicks der Kreditwürdigkeit des Landes durch die New Yorker Ratingagentur Moody’s und über Schulden sowie Sparziele der rot-roten Landesregierung
Stand:
Herr Markov, die Rating-Agentur Moody’s hat den Ausblick der Kreditwürdigkeit Brandenburgs auf negativ herabgestuft. Wird damit die Haushaltspolitik des Landes infrage gestellt?
Nein. Denn mit der aktuellen Situation in Brandenburg hat dies nichts zu tun. Brandenburg verfügt über eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Auch der Haushalt entwickelt sich deutlich besser als in vielen vorangegangenen Jahren. Unter der aktuellen Landesregierung investiert Brandenburg bewusst in Bildung und Wissenschaft. Zugleich wird die Nettokreditaufnahme anders als früher deutlich zurückgefahren. Ab 2014 sollen keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden. Und im vergangenen Jahr konnte sogar vorzeitig auf Kredite verzichtet werden. Brandenburg war eines von nur vier Ländern, die im vergangenen Jahr komplett ohne neue Schulden auskamen.
Halten Sie die Kriterien von Moody’s für Brandenburg für nachvollziehbar?
Die Entscheidung ist eine Fehleinschätzung, weil sie wie gesagt nichts mit der realen Entwicklung in Brandenburg zu tun hat. Sie ist einzig eine Folge der Änderung des Ausblicks für den Bund, nach der eigenen Methodik der Rating-Agentur.
Als Grund für die Entscheidung wurden auch mögliche Belastungen für Deutschland durch die Euro-Rettung angegeben. Welche Auswirkungen hätte eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Brandenburgs?
Brandenburg hat eine sehr gute Bonität. Das heißt einen sehr guten Namen am Kapitalmarkt. Daran hat sich nichts geändert. Brandenburg zahlt heute deutlich weniger Zinsen als noch vor Jahren. Ob eine Herabstufung überhaupt Auswirkung hätte, ist fraglich.
Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, dass Brandenburg durch die Eurokrise-Hilfen des Bundes in Schwierigkeiten gerät?
Für die gewährten Hilfen an Euro-Staaten muss allein der Bund einstehen, kein Bundesland ist hier in der Pflicht. Daher ist die Debatte eine rein theoretische, wonach aufgrund des verfassungsrechtlichen Prinzips der Bundestreue sich Bund und Länder im Falle einer finanziellen Notlage gegenseitig unterstützen müssten.
Ist der Einfluss der drei großen New Yorker Rating-Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch zu groß?
Ja, das ist so. Meine Partei Die Linke kritisiert das ja schon lange. Diese drei kontrollieren mehr als 90 Prozent des Marktes für Ratings und sind private Firmen ohne demokratische Kontrolle. Aber zugleich muss man so ehrlich sein und sagen, dass auch die Politik eine Mitschuld trägt. Denn die Politik hat die Macht dieser drei zugelassen und die Medien schenken den drei Agenturen die Beachtung, ohne die ihre Ratings nicht diese Bedeutung hätten. Also nur auf die Rating-Agenturen schimpfen, ist mir zu einfach.
Wie sinnvoll ist die Einrichtung einer europäischen Rating-Agentur aus Ihrer Sicht?
Wichtiger als diese Frage ist, dass die Rolle und die Methoden der Rating-Agenturen unabhängig kontrolliert werden, denn das ist bisher nicht der Fall und ein klarer Systemfehler. Eine solche öffentlich-rechtliche Rating-Agentur löst zwar nicht auf einmal alle Probleme, aber schmälert die Macht des derzeitigen Oligopols aus Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch und daher bin ich für die Einführung einer europäischen Rating-Agentur.
2014 soll Brandenburg ohne neue Schulden auskommen. Gerade haben Sie aber bei der Personalplanung die Sparvorgaben abgemildert. Ist damit das Ziel in Gefahr?
Nein, es bleibt bei unserer Politik des sozialen Miteinanders. Das heißt bewusste Investitionen etwa in Bildung und Wissenschaft und zugleich wird die Nettokreditaufnahme zurückgefahren. Und es bleibt auch bei dem Ziel der rot-roten Landesregierung, ab 2014 komplett auf neue Kreditaufnahmen zu verzichten.
Wie hoch ist die Verschuldung Brandenburgs? Wie viel davon wird jährlich getilgt und wann ist Brandenburg schuldenfrei?
Wenn wir in diesem Jahr den möglichen Kreditrahmen von 270 Millionen Euro ausschöpfen, werden es am Jahresende 2012 circa 18,9 Milliarden Euro sein. Schuldentilgung steht in Brandenburg noch nicht auf der Tagesordnung. Zunächst müssen wir – anders als frühere Landesregierungen – runter von der Aufnahme neuer Kredite. Dieses ehrgeizige Ziel, dass wir uns bei Regierungsantritt 2009 gesetzt haben, verfolgen wir unverändert. Denn Brandenburg zahlt in diesem Jahr vorrausichtlich knapp 700 Millionen nur an Zinsen. Das ist ungefähr so viel wie der komplette Etat für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Deshalb ist mir so wichtig, von der jahrelangen Politik in Brandenburg abzukehren und ab 2014 ohne neue Schulden auszukommen.
Die CDU wirft Ihnen vor, steigende Steuereinnahmen nicht für den Schuldenabbau zu nutzen. Die Folge sei die Herabstufung durch Moody’s. Baut Brandenburg seine Schulden zu langsam ab?
Zum Ersten hat Moody’s Brandenburg nicht herabgestuft, sondern die Agentur hat die sehr gute Bewertung Brandenburgs bestätigt – es geht einzig um einen Ausblick. Zum Zweiten zeugt die Kritik von absoluter Unkenntnis. Die Entscheidung Moody’s hat vor allem mit den Euro-Hilfen des Bundes zu tun. Und dort regiert meines Wissens die CDU.
Die Fragen stellte Matthias Matern
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