Brandenburg: 30 kläffende Hunde wirken schon abschreckend
Polizei trainiert Einsatz der Hundestaffel für Konfliktsituationen / Hemmschwelle bei Randalierern groß
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Oranienburg - Grölende Männer mit Fahnen und bengalischen Feuern marschieren auf eine kleine Gruppe von Polizisten zu. Die randalierenden und aggressiven Fußballfans suchen die Konfrontation. Wurfgeschosse fliegen in Richtung der Beamten, die sich mit ihren Hunden in einer Reihe postiert haben. Die Tiere bellen und sind nur schwer zu bändigen. Die Situation wirkt bedrohlich. Doch was auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Lehnitz bei Oranienburg (Oberhavel) wie Realität aussieht, ist eine Übung.
Vierteljährlich treffen sich die Beamten des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder), zu dem die sechs östlichen Schutzbereiche Brandenburgs zählen, mit ihren Einsatzhunden, um das Zusammenspiel im Ernstfall zu trainieren. „Die Polizeiarbeit mit Hunden ist vor allem präventiv sehr wirksam“, sagt Zugführer Andreas Schötz. Wenn 30 kläffende Hunde in einer Reihe stehen, habe das eine sehr abschreckende Wirkung.
Die Hundestaffel ist seit drei Jahren bei fast jedem Fußballspiel von Energie Cottbus im Einsatz. „Seitdem wir mit den Tieren kommen, gibt es wesentlich weniger Auseinandersetzungen als früher“, verweist Schötz auf seine Erfahrungen. Noch nie sei dabei jemand von einem Hund gebissen worden, denn die Hemmschwelle gegenüber den kläffenden Tieren sei enorm groß.
Auf dem Bundeswehrgelände werden verschiedene Situationen dargestellt. Kameraden der Bereitschaftspolizei aus Oranienburg spielen die „Störer“. Sie schreien, werfen mit Plastikflaschen und Tennisbällen. Für die Beamten ist es nicht leicht, die Tiere im Zaum zu halten. „Jeder Hund muss hören, das Zusammenspiel muss funktionieren“, sagt Schötz. Unter realen Bedingungen könne der Ernstfall am besten geübt werden. „Die Hunde sollen lernen, dass sie nicht untereinander Feind sind. Sie brauchen die Erfahrung und das Gefühl für Extremsituationen.“ Den Polizeibeamten verlangt der Einsatz alles ab. Sie müssen auf ihren Hund, die Angreifer und das gemeinsame Vorgehen mit den Kollegen achten. Mit energischem Auftreten drängen die Polizisten die Randalierer zurück. Der Stress ist auch für die Tiere – wie sich plötzlich zeigt. Alle halten inne. Zwei Beamte laufen hektisch zum Auto. Ein elfjähriger Riesenschnauzer hat einen Herzinfarkt erlitten und verstirbt noch auf dem Übungsplatz. Nach fünfminütiger Pause wird die Übung dennoch fortgesetzt.
Alle 56 Diensthunde im Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) leben bei „ihren“ Beamten. Sechs Jahre lang arbeitet Rainer Hänel schon mit seinem belgischen Schäferhund Cliff zusammen. „Er ist ein festes Familienmitglied“, sagt der Polizist. „Mit ihm an meiner Seite fühle ich mich im Dienst sicherer. Er würde sein Leben für mich einsetzen.“ Michael Köhler arbeitet schon 34 Jahre mit einem Hund zusammen. Ob Tag- oder Nachtschicht – sein Partner ist immer dabei. „Dienst ohne einen Hund könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen“, sagt der Cottbuser.
Die Tiere werden zunächst als Schutzhund ausgebildet, später kommt eines der Spezialgebiete Fährten-, Drogen- oder Sprengstoffsuche hinzu. „Mittlerweile haben 75 Prozent unserer Hunde eine duale Einsatzmöglichkeit“, sagt Bernd Loose vom Polizeipräsidium Frankfurt (Oder). Die meisten Einsatztiere sind deutsche und belgische Schäferhunde, aber auch Riesenschnauzer gibt es in der Staffel. Die Tiere sind Eigentum des Landes Brandenburg, das sich auch nach deren Pensionierung an den Veterinär- und Lebenskosten beteiligt.
Für den Nachwuchs gibt es strenge Kriterien. „Es ist schwierig, einen geeigneten Hund für die Polizeiarbeit zu finden“, sagt Hänel.
Von 100 Tieren kämen aus gesundheitlichen und charakterlichen Gründen nur drei oder vier Hunde in Frage.
Lars Hartfelder
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