zum Hauptinhalt
Auf den Seelower Höhen soll zum 80. Jahrestag an die dortige Schlacht erinnert werden. (Archivbild)

© Patrick Pleul/dpa

80 Jahre Kriegsende: Gedenken auf den Seelower Höhen mit „angezogener Handbremse“

Vor 80 Jahren kämpften Tausende Soldaten im Zweiten Weltkrieg um die letzten Meter vor Berlin. Ein stilles Gedenken der Toten ist geplant. Das Außenamt will eine Instrumentalisierung verhindern.

Stand:

Wenn am Mittwoch der größten Schlacht des Zweiten Weltkrieges auf deutschem Boden gedacht wird, dürfte sich an der Gedenkstätte auf den Seelower Höhen höchstens eine überschaubare Besuchermenge zusammenfinden. Vertreter der russischen Botschaft hätten sich angekündigt, sagte der stellvertretende Landrat des Kreises Märkisch-Oderland, Friedemann Hanke (CDU). Auch mehrere AfD-Bundespolitiker werden laut Hanke voraussichtlich zur Gedenkveranstaltung kommen.

Vor 80 Jahren tobte auf den Seelower Höhen im Kampf um Berlin eine der größten Schlachten des Zweiten Weltkrieges. Am 16. April 1945 begann die Schlacht zwischen rund einer Million Soldaten der Roten Armee und etwa 120.000 Wehrmachtssoldaten.

Zehntausende Menschen ließen auf den Höhen ihr Leben. „Die Schätzungen besagen, dass bei der Schlacht um die Seelower Höhen 33.000 Angehörige der Roten Armee, 16.000 von der Wehrmacht und 2000 Polen starben“, teilte eine Sprecherin des Landkreises mit. Mit dem Ende der Schlacht am 20. April war für die Rote Armee der Weg in Richtung Berlin frei.

Trotz der großen geschichtlichen Bedeutung finde das Gedenken in Seelow mit „angezogener Handbremse“ statt, sagte der stellvertretende Landrat Hanke. Das habe seine Ursache auch in der DDR-Vergangenheit des Ortes: Das Gedenken sei von der SED umgedeutet und überformt worden. Die Soldaten der Sowjetunion wurden hier als Helden gefeiert. Nach der Wende wollte man den Gedenkort von übergeordneter Stelle – also von Land und Bund – nicht mehr anfassen. „Eigentlich wäre es eine nationale Gedenkstätte“, betonte Hanke.

Am 16. April plant der Landkreis auf den Seelower Höhen ein stilles Gedenken. Das sei eine bewusste Entscheidung gewesen, damit nicht „Hinz und Kunz“ sprächen. Man wolle hier keine politische Bühne bieten oder eine Vereinnahmung dieser Schlacht zulassen, sagte Hanke. Russland werde in Deutschland mehrheitlich als Feind angesehen, dabei gehe es bei diesem Gedenken nicht um Nationen.

„Krieg heißt Vernichtung, Tod und Chaos – unabhängig von Nationalität“, betonte Hanke. Man habe bei dieser Schlacht die Zukunft von Tausenden teils jungen Männern zerstört. Es gehe um die Erinnerung an diese Menschen. Die Reste dieser zerstörten Zukunft lägen als Überreste der Menschen teilweise noch immer unter der Erde.

Außenministerium: Keine Instrumentalisierung

Das Auswärtige Amt will eine Instrumentalisierung der Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs verhindern. Es gab eine Handreichung zu den Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende vor 80 Jahren an die Landkreise und kreisfreien Städte heraus.

Das Brandenburger Innenministerium versandte die Handlungsempfehlung nach eigenen Angaben auf Bitten der Staatskanzlei. Darin heißt es der „Berliner Zeitung“ zufolge, dass es keine Einladung an russische und belarussische Vertreter zu Gedenken von Bund, Ländern und Kommunen geben solle. Dies wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Regierungskreisen bestätigt.

Gründe für schwierige Situation um das Gedenken

Warum findet das Gedenken auf den Seelower Höhen aus Sicht der Beteiligten unter ferner liefen statt? Aus Hankes Sicht hat das nicht nur etwas mit dem Krieg in der Ukraine und einem Bild vom „Feind Russland“ zu tun. Es sei für die deutsche Gesellschaft nach dem Krieg schwierig gewesen, Gedenkstätten zu Kriegsereignissen anzunehmen. „Danach kam eine Gesellschaft, die Krieg und alles Militärische weit von sich gewiesen hat“, sagte Hanke.

Angesprochen auf das Gedenken zum 80. Jahrestag der Schlacht verweist das Brandenburger Kulturministerium auf den Landkreis als Träger der Gedenkstätte. „Die Organisation von Gedenkveranstaltungen liegt grundsätzlich immer in den Händen der jeweiligen Träger“, schrieb ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Für die Gedenkveranstaltung am 16. April 2025 habe es keine Einladung seitens der Veranstalter an das Kulturministerium gegeben. Laut Hanke haben sich zur Gedenkveranstaltung auch keine anderen Vertreter der Landesregierung angekündigt.

Gedenkstätten planen mehrere Veranstaltungen

Während das Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen voraussichtlich ohne Beteiligung von Vertretern von Bund und Land ablaufen wird, plant die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten zum Beispiel in den früheren Vernichtungslagern in Ravensbrück und Sachsenhausen große Veranstaltungen.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, Claudia Roth (Grüne), soll am Hauptgedenktag am 4. Mai eine Rede zum Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Ravensbrück halten. Die Gedenkstätte Sachsenhausen hat mehrere Zeitzeugen eingeladen. Die Gedenkstättenstiftung plant nach eigenen Angaben, Vertreter der russischen und belarussischen Botschaft von Gedenkveranstaltungen auszuladen. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })