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Lkw-Maut: Ab heute muss bezahlt werden

Die Lkw-Maut auf Bundesstraßen ist da: Während die Logistikbranche protestiert und Kommunen Dauerstaus befürchten, fordert der Städte- und Gemeindebund eine Gebührenpflicht für alle Straßen.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Dem einen geht sie nicht weit genug, andere befürchten wegen ihr chaotische Zustände auf den Straßen. Ab dem heutigen Mittwoch wird auch in Brandenburg auf vier Teilstrecken von Bundesstraßen eine Lkw-Maut fällig. Betroffen sind insgesamt rund 60 Kilometer auf der B5, der B101 und zwei Abschnitte auf der B96. Deutschlandweit muss auf mehr als 1100 Kilometern Fernstraße gezahlt werden. Die Gebühren sind mit einem Durchschnittspreis von 17 Cent pro Kilometer genauso hoch wie auf Autobahnen.

Kassiert wird wie schon auf den Autobahnen von Toll Collect. Für die Kontrollen aber ist das Bundesamt für Güterverkehr zuständig. Wie bislang wird die Gebühr über einen kleinen Bordcomputer im Lkw abgebucht. Statt Mautbrücken werden für die Kontrollen speziell ausgerüstete Kleintransporter eingesetzt. Per Funk können diese stichprobenartig im Vorbeifahren überprüfen, ob gezahlt wurde oder nicht. Fällig wird die Maut auf der B5 zwischen Nauen (Havelland) und Berlin, auf der B 101 zwischen Thyrow (Teltow-Fläming) und der Berliner Landesgrenze und auf der B 96 zwischen dem Autobahnkreuz Oranienburg (Oberhavel) und der Kreuzung zur Landesstraße 191 bei Sachsenhausen sowie von Rangsdorf (Teltow-Fläming) bis zum Berliner Stadtgebiet. Schilder, die auf die Mautpflicht hinweisen, wurden nicht aufgestellt.

Oberhavel-Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) befürchtet wegen der Mautpflicht auf dem nördlichen Teilstück der B 96 allerdings Dauerstaus sowie eine erhebliche Lärm- und Abgasbelästigung der Anwohner – aber nicht auf der mautpflichtigen Umfahrung Oranienburgs, sondern auf der alten B 96, die mitten durch die Stadt führt. „Die ist viereinhalb Kilometer kürzer und anders als die Umgehung weiter kostenlos.“ Insofern sei die neue Regelung Schildbürgerei. Schließlich sei die Umfahrung extra dafür gebaut worden, um die Oranienburger vom Schwerlastverkehr zu entlasten.

Gegen die sogenannten Mautpreller helfen nicht weniger gebührenpflichtige Strecken, sondern nur mehr, ist dagegen Karl-Ludwig Böttcher, Hauptgeschäftsführer beim brandenburgischen Städte- und Gemeindebund, überzeugt. „Die Lkw-Maut ist vernünftig und die richtige Konsequenz aus der gestiegenen Beanspruchung der Straßen. Eigentlich greift sie sogar noch zu kurz. Das gesamte Hauptverkehrsnetz müsste mautpflichtig sein“, sagt Böttcher. Sogar eine Pkw-Maut halte er für sinnvoll. Bislang gingen die Kommunen bei den Maut-Einnahmen an den Autobahnen leer aus, dabei müssten die Städte und Gemeinden ein weit größeres Straßennetz als der Bund und das Land unterhalten, meint der Städtebund-Chef. Im Land Brandenburg stünden knapp 800 Kilometer Bundesautobahn und rund 2800 Kilometern Landesstraßen den rund 5800 Kilometern Kreis- und 1270 Kilometer Gemeindestraßen gegenüber. Einer Studie zufolge betrage der Investitionsstau im kommunalen Straßennetz des Landes derzeit rund 80 Millionen Euro. Zusätzlich Einnahmen aus der Maut könnten helfen, zumindest die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen zu decken. Eine generelle Mautpflicht hätte zudem den Vorteil, dass es praktisch keine Ausweichrouten für Mautpreller mehr gebe, sagt der Chef des Städte- und Gemeindebundes.

Böttchers Vorschlag will man im Infrastrukturministerium Brandenburgs lieber nicht kommentieren. Ohnehin stehe man der Maut skeptisch gegenüber, räumt Ministeriumssprecherin Petra Dribbisch ein. Schließlich seien die Autobahnen und Bundesstraßen doch recht gut in Schuss und außerdem bedeute die Maut für die Wirtschaft eine zusätzliche Belastung. Kritik kommt vor allem von der Logistikbranche. Stetig steigende Lieferkosten würden unweigerlich die Produktpreise teurer machen, kritisiert etwa Klaus-Dieter Martens, Geschäftsführer des Verbandes Verkehr und Logistik Berlin und Brandenburg, dem rund 150 Speditionsfirmen der Region angehören. Außerdem hätte man sich offenbar bewusst die einträglichsten Straßen im Land ausgesucht. Schließlich führten sie fast alle an den großen Güterverkehrszentren des Landes vorbei, sagt Martens.

Das sieht auch Gerd Bretschneider, Geschäftsführer der Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg, so: „In erster Linie ist davon doch der regionale Güterverkehr betroffen, der zwischen den großen Güterverkehrszentren Brandenburgs und der Stadt Berlin unterwegs ist“, meint Bretschneider. Eigenen Angaben zufolge vertritt die Innung in der Region rund 400 Betriebe, deren Fuhrparke zum Großteil aus mautpflichtigen Fahrzeuge besteht. „Wir fühlen uns abgezockt, weil für die Maßnahme keine Not besteht“, klagt der Innungschef.

Aber vielleicht haben sich Bund und Toll Collect ja auch ein Eigentor geschossen, mutmaßt Bretschneider. Da keine Schilder aufgestellt worden seien, müssten die Lkw-Fahrer ja nicht unbedingt wissen, wo Mautpflicht bestehe. „Ich könnte mir vorstellen, dass ein wegen Mautprellens angezeigter Lkw-Fahrer deshalb vor Gericht gute Karten hätte.“

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