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Alles im Blick. Ein Polizist vom Berliner Sicherheitsservice überprüft den Reisebus, der Schüler aus Tempelhof nach Prag bringen soll. Die Reparatur dauerte sieben Stunden.

© Paul Zinken

Brandenburg: Abfahrt verschoben

Immer wieder entdeckt die Polizei vor Klassenfahrten erhebliche Mängel an Reisebussen

Von Matthias Matern

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Potsdam/Berlin - Die letzten Klausuren sind geschrieben, der Koffer ist gepackt, gleich geht es auf große Reise. Die Zeit vor den Sommerferien ist für Klassenfahrten besonders beliebt. Doch immer wieder schlägt die Vorfreude auf die große Sause bei vielen Schülern in Frust um: Der bestellte Reisebus hat offenbar seine besten Jahre bereits hinter sich, ein Reifenprofil ist kaum noch zu erkennen, aus dem Auspuff kleckert Motoröl, das Quietschen der Bremsen ist nicht zu überhören. Spätestens wenn der herbeigerufene Verkehrssicherheitsexperte der Polizei mit dem Kopf schüttelt, ist klar, an Abfahrt ist vorerst nicht zu denken. Alleine in Berlin schickten Beamte in den vergangenen zwei Wochen drei Reisebusse kurz vor Fahrtantritt zurück in die Werkstatt. Erst am Mittwoch verzögerte sich für rund 30 Zehntklässler einer Oberschule im Stadtteil Tempelhof die Abfahrt um sieben Stunden. Wie bei jeder Klassenfahrt hatten Eltern vorher den Sicherheitsservice der Berliner Polizei für eine Routineüberprüfung angefordert. Das Ergebnis: Akute Gefahr eines Motorbrandes durch heraustropfendes Öl. Die Folge: Der Bus wurde stillgelegt.

Auch im Land Brandenburg muss die Polizei immer wieder zu drastischen Mitteln greifen, um Gefahren für reisende Schüler abzuwenden. Einen zentralen Sicherheitsservice wie in Berlin gibt es zwar nicht, dennoch rücken auch dort Beamte auf Wunsch aus, um Busse vor der Abfahrt unter die Lupe zu nehmen. „Die Schulleiter, Lehrer und Eltern kennen in der Regel die zuständigen Beamten in ihren Schutzbereichen“, berichtet Rudi Sonntag, Pressesprecher im Landespolizeipräsidium. Der Frühsommer sei Hauptreisezeit für Klassenfahrten. Allein im Schutzbereich Potsdam wurden eigenen Angaben zufolge in dieser Woche bereits 30 Busse kontrolliert. „Zum größten Teil sind die Fahrzeuge aber in Ordnung. Kleinere Mängel können meist noch vor Ort abgestellt werden“, sagt Sonntag.

Nicht so im Fall der städtischen Karl-Foerster-Grundschule in Potsdam-Bornstedt. Eigentlich wollten die Schüler vergangenen Montag auf Klassenfahrt gehen. Vorher sollte die Polizei noch schnell einen Blick auf das Fahrzeug werfen, der Verkehrsdienst des Schutzbereichs Potsdam wurde geholt. „Als der Bus vor der Schule hielt, sah er wie aus dem Ei gepellt aus“, erzählt Präsidiumssprecher Sonntag. Der Fahrer sei noch sichtlich stolz gewesen auf die vorangegangene Putzstunde, heißt es im Polizeibericht. Nachdem die Beamten jedoch die Klappe des Motorraums geöffnet hatten, offenbarte sich der wahre Zustand. Weil der Schwingungsdämpfer der Keilriemenspannvorrichtung defekt war, leckte der Motor und Öl lief aus. Daraufhin hatten die Beamten den Fahrer die Weiterfahrt untersagt, bis der Schaden behoben war.

Immer wieder stößt man im Internet und in Zeitungen auf Berichte, wonach in Deutschland Reisebusse vor Klassenfahrten stillgelegt werden mussten. Insgesamt aber stellt der Verband der Tüv den deutschen Reisebussen ein gutes Zeugnis aus. Auf Grundlage von 50 000 Hauptuntersuchungen legte der Dachverband der technischen Überwachungs-Vereine Ende vergangenen Jahres seinen aktuellen „Bus-Report“ vor. Mehr als die Hälfte aller Fahrzeuge sei ohne Beanstandung durch den Tüv gekommen, heißt es in dem Bericht. Allerdings steige die Zahl der festgestellten Mängel mit zunehmendem Alter der Fahrzeuge deutlich an. So hätten etwa 14 Prozent der Busse mit einem Alter von rund zehn Jahren Mängel aufgewiesen. 23 Prozent seien es bei 20 Jahre alten Bussen gewesen.

Landesweit kontrollierten die brandenburgischen Verkehrsdienste im vergangenen Jahr laut Landesinnenministerium knapp 1700 Personentransporter. In 375 Fällen waren Beanstandungen festzustellen, darunter vor allem Verstöße gegen die vorgegebenen Ruhezeiten, mangelhafte Fahrtenschreiber und Geschwindigkeitsüberschreitungen. 37 Mal entdeckten die Polizisten technische Mängel. Für 24 Busse war die Fahrt auf Weisung der Beamten zu Ende. In diesem Jahr wurden bis Ende Mai 145 Fahrzeuge überprüft. 43 Busse wurde beanstandet. Darunter zwei wegen technischer Mängel.

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