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„Spaghettimonster“. Rüdiger Weida scheiterte vor Gericht.

© dpa

Brandenburg: Abgenudelt

Sie heißen „Pastafari“, feiern „Nudelmessen“, tragen Piratenkappen. Weil ihm diese Kopfbedeckung für den Ausweis verwehrt wurde, zog der Chef der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ vor Gericht

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Potsdam - Zum Prozess kommt Rüdiger Weida mit Piratenkappe. Wegen eines solchen Stückchens Stoff hat der Mann mit dem weiß-grauen Rauschebart die Stadt Templin (Uckermark) verklagt. Die verweigerte dem Vorsitzenden der satirisch-kritischen „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland“ einen neuen Personalausweis mit Passbild im Piraten-Look. Das wollte der 64-Jährige nicht hinnehmen. Das Verwaltungsgericht Potsdam weist jedoch am Freitag die Klage ab.

Für Weida ist die „Spaghettimonster-Kirche“ eine Weltanschauungsgemeinschaft. Deshalb beruft sich der 64-Jährige auf die im Grundgesetz vorgeschriebene Gleichbehandlung von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften. Doch Richter Donald Burchards urteilt, es fehle „der eigene weltanschauliche Erklärungsansatz.“ Vielmehr sieht das Gericht eine „parodistisch-kritische Auseinandersetzung“ mit als intolerant und dogmatisch empfundenen Lehrmeinungen.

Mit einem kuriosen Schilderstreit in Templin hatte die „Spaghettimonster-Kirche“ bereits zuvor weit über die Uckermark hinaus Aufmerksamkeit erregt. Bei den Querelen geht es darum, wo der Verein seine Hinweise für seine „Nudelmessen“ aufhängen darf – in Anlehnung an die Gottesdienste der traditionellen Kirchen. „Freitag, 10.00 Uhr“ heißt es auf der Tafel, darüber ist ein glupschäugiges Spaghettimonster abgebildet.

Zum Prozess an diesem Freitag, den 13., erscheint Weida ohne Anwalt. Inhaltlich sind die Fronten zwischen dem früheren Jugendsozialarbeiter und den Vertretern der Stadt Templin in der Verhandlung weiter verhärtet.

Ernsthaft und intensiv setzt sich das Gericht mit der Problematik und der Frage auseinander, was eine Religion und was eine Weltanschauung ausmacht. Ein gewisses Amüsement können die Richter bei dem Fall allerdings nicht verhehlen. Und so räumt Gerichts-Vizepräsident Burchards auch ein, dass es „gelegentlich für Erheiterungen“ gesorgt habe, als sie sich mit den Publikationen der „Kirche“ beschäftigt hätten.

Der „Glaube“ an das „Fliegende Spaghettimonster“ entstand in den USA – als kritische Reaktion darauf, dass unter anderem der Kreationismus immer mehr Einfluss auf den Schulunterricht genommen habe. Deren Anhänger lehnen die Evolutionstheorie nach Charles Darwin ab.

Die „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ – ist das alles ein Ulk oder Ernst? „Spaß ist uns schon wichtig“, sagt Weida vor dem Prozess, „aber es ist nicht nur Spaß“. Sie verfolgten ein ernsthaftes Ziel. „Dogmatismus ist unser Erbfeind“, sagt er. Religiöse Sonderrechte zum Beispiel sehen die Mitglieder kritisch.

„Pastafari“ nennen sich die Anhänger. Piraten-Kluft, die Weida auf seinem Führerscheinbild erlaubt wurde, ist laut seinen Worten für sie Pflicht. Manche „Spaghettimonster“-Fans in anderen Ländern setzen sich Nudelsiebe auf den Kopf, das eine oder andere Mal wird dies sogar auf Dokumenten zugelassen. In Deutschland sind Kopfbedeckungen auf Passbildern grundsätzlich nicht gestattet. Die Passbehörde kann jedoch aus religiösen Gründen Ausnahmen zulassen.

Bei Weida wurde keine Ausnahme gemacht. Und das Potsdamer Gericht folgt dieser Entscheidung. Eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg lässt es nicht zu. Weida will jedoch Nichtzulassungs-Beschwerde einlegen. (dpa)

Nathalie Waehlisch

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