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Brandenburg: Abitur aus dem Tresor

Nach-Wende-Premiere: Das Zentralabitur kehrt zurück / Ab Freitag wird es für 12 200 Schüler ernst

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Nach-Wende-Premiere: Das Zentralabitur kehrt zurück / Ab Freitag wird es für 12 200 Schüler ernst Potsdam - Erstmals seit der Wende gibt es in diesem Jahr im Land Brandenburg ein Zentralabitur. Zwischen dem 22. April und dem 2. Mai wird es für knapp 12 200 Jugendliche ernst. Bereits lange vorher hat bereits das „Geheimkommando Zentralabitur“ begonnen. Denn die ganze Aktion steht und fällt damit, dass alle Schulen pünktlich die Prüfungsthemen bekommen. Und vor allem darf natürlich nicht der Hauch eines Verdachts bestehen, dass jemand die Aufgaben vorher kennt. Beim Probelauf im November 2004 soll es noch vereinzelt Pannen gegeben haben. Eine Aufgabenberaterin habe ihre Kinder so präzise vorbereitet, dass die sehr genau wussten, was in der Arbeit auf sie zukommt. „Die Vorbereitung durch das Ministerium ist ausgezeichnet“, sagt die Prüfungsvorsitzende am Evangelischen Gymnasium Hermannswerder in Potsdam, Brigitte Thies-Böttcher. „Aber ausschließen kann man solche Pannen nie.“ Der Einsatz ist generalstabsmäßig geplant. 166 Schulen haben am vergangenen Donnerstag Post bekommen. Kuriere lieferten unscheinbare Pakete ab, insgesamt rund 6,5 Millionen Blatt. Nur Mitglieder der Schulleitung waren empfangsberechtigt. „Die Unversehrtheit der Unterlagen ist zu kontrollieren und durch entsprechende Vermerke zu protokollieren“, mahnt ein Rundbrief des Bildungsministeriums an die Schulleitungen. In zehn Fächern werden die Themen zentral vorgegeben: Biologie, Chemie, Deutsch, Englisch, Französisch, Geographie, Geschichte, Mathematik, Physik und Politische Bildung. In 18 weiteren Fächern von der Bautechnik bis zu Wirtschaftswissenschaften werden die Aufgaben dezentral gestellt. Seit einigen Tagen lagert die „heiße Ware“ nun bei den Schulen, doch wie wird verhindert, dass Unbefugte einen Blick riskieren? „Wir haben die Unterlagen in unserem Schulsafe deponiert“, sagt die Prüfungsvorsitzende eines Potsdamer Gymnasiums. „Der Panzerschrank ist zwar Asbach-uralt, hat aber drei Zentimeter dicke Stahlwände.“ Dort sei aber nur ein Teil der Unterlagen. Wo der Rest ist, will sie nicht verraten. Auch am Gymnasium Hermannswerder herrscht höchste Sicherheitsstufe. Nur zwei Menschen haben einen Schlüssel zum Tresor. Mit der Gründung des Landes Brandenburg 1990 wurde das Zentralabitur abgeschafft. 1999 beschloss die Landesregierung, zum Zentralabitur zurückzukehren. 2003 wurden die Mitglieder der zehn Fachkommissionen berufen. Sie erarbeiteten Unterrichtsschwerpunkte und die Aufgaben für die Prüfungen, insgesamt rund 1500 Seiten. Vom Zentralabitur erhoffen sich Bildungspolitiker eine bessere Vergleichbarkeit des Leistungsstandes. Dazu müssen die Schulen nach den Prüfungen Fragebögen ausfüllen. Alle Prüfungsergebnisse werden im Juni zentral ausgewertet. Die grundsätzliche Angleichung der Prüfungen steht in Brandenburg kaum in Frage. Ob die Themen aber zentral gestellt werden müssen, ist durchaus noch umstritten. Die Schulstudie PISA habe gezeigt, dass die Ergebnisse unabhängig von der Prüfungsform sind, sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Günther Fuchs. „Es geht vielmehr um die richtige Vorbereitung.“ „Die Aufgaben des Zentralabiturs muss theoretisch jeder angehende Abiturient im Lande schaffen können, ob am klassischen Gymnasium oder an der Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe“, sagt der Prüfungsvorsitzende eines Gymnasiums. Und er befürchtet: „Die Leistungsanforderungen werden sinken.“ Den Schülern dürfte das zunächst egal sein: Hauptsache sie bekommen am 25. Juni ihre Zeugnisse der allgemeinen Hochschulreife.

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