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Brandenburg: Abschluss im Land der Ideenschmieden In Brandenburg werden immer mehr Studenten selbst zu Chefs – auch dank Förderung und Beratung

Potsdam - Brandenburgs Studenten sind in Gründerlaune. Statt sich einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu suchen, werden sie immer öfter ihr eigener Chef.

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Potsdam - Brandenburgs Studenten sind in Gründerlaune. Statt sich einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu suchen, werden sie immer öfter ihr eigener Chef. Während des Studiums oder danach gründen sie mit Mut zum Risiko ein Unternehmen. Im Jahr 2010 wurden 137 Firmen aus brandenburgischen Hochschulen heraus gegründet. Im vergangenem Jahr waren es bis zum Herbst bereits 109. Für Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) ist klar: „Es gibt einen Jobmotor Wissenschaft.“ In Gang gehalten wird der Motor von einem komplexen Förder- und Beratungssystem an den Universitäten.

Im Prinzip, so erklärt Hans-Günther Stieler von der TH Wildau, werde jeder Student mindestens einmal in seiner Unizeit mit dem Vorschlag konfrontiert, ein Unternehmen zu gründen. Stieler ist Gründerberater, wie es sie an allen Universitäten im Land gibt. Es gehe darum, die Studenten zu sensibilisieren. Jedes Semester geht Stieler in Wildau auf Infotour, spricht in Vorlesungen über Fördermöglichkeiten oder Geschäftspläne. Ihm blieben zehn Minuten, sagt er. „Das reicht natürlich nicht.“ Brandenburgweit suchen deshalb jedes Jahr rund 2500 Studenten vertiefende Beratungen auf.

„Wir bringen die Studenten auf Innovationskurs“, sagt Klaus-Dieter Müller, Vorsitzender des Brandenburgischen Instituts für Existenzgründung und Mittelstandsförderung, kurz Biem. Das Institut verantwortet die Gründerberatung an den Hochschulen. „Biem dich zum Erfolg“ ist Müllers Wahlslogan, mit dem er schon viele Studenten in persönlichen Gesprächen von der Unternehmensgründung überzeugt hat. Andere hat er wieder weggeschickt: „Strengt euch gefälligst an, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, dann könnt ihr wiederkommen“, so Müller. Einige kamen wieder und haben heute Erfolg. Rund 300 Gründungsprojekte werden vom Biem in Brandenburg jährlich betreut.

Die Fördermöglichkeiten sind attraktiv: So vergibt der Bund die Exist-Gründerstipendien. Für eine gute Idee winken als Starthilfe 2000 Euro jeden Monat, ein Jahr lang. Zudem gibt es 17 000 Euro für Sachkosten. Selbst wenn alles schiefgeht, muss man das Geld nicht zurückzahlen.

„Die Studenten sollen sich in dem Jahr so aufstellen, dass sie erfolgreich gründen können“, sagt Müller. Die Gründerberater an den Unis helfen bei den Anträgen, bereiten auf die Prüfung vor. Jährlich stellen Land, Bund und EU den brandenburgischen Studenten rund 1,35 Millionen Euro an Fördermitteln bereit.

Sebastian Schmidt hat es geschafft, er ist an eines der Stipendien gekommen. Mit seiner Geschäftsidee zu „Jonny Fresh“ will er die Textilreinigungsbranche revolutionieren: Statt in der Wäscherei sollen Kunden ihre Dreckwäsche rund um die Uhr an Sammelautomaten abgeben und am nächsten Tag frisch gewaschen wieder abholen können. Auf Wunsch auch in einer anderen Stadt. „Ich kann mich durch das Stipendium jetzt zu 100 Prozent der Firma widmen“, sagt der 26-Jährige aus Luckau. Im nächsten Jahr soll der erste Automat installiert werden.

Ohne Wissenschaft geht Wirtschaft nicht, sagt Wissenschaftsministerin Kunst. Sie wünscht sich, dass mehr brandenburgische Studenten es Sebastian Schmidt gleichmachen. „Es gibt wenige große Unternehmen, wo die Studenten unterschlüpfen können“, so Kunst. Deshalb sollten sie den Platz nutzen, um eigene Unternehmen aufzubauen.

Hilfe bekommen sie dabei auch am Wissenschaftsstandort Potsdam-Golm. Die Uni Potsdam selbst rangiert deutschlandweit unter den zehn besten Gründerhochschulen. Mit dem Go:In ist im Wissenschaftspark ein wahres Gründerzentrum entstanden. 20 Start-Up-Unternehmen aus der Wissenschaft sind in einem Haus angesiedelt, zu günstigen Konditionen. Einer der Mieter, die Metabolomic Discovery, wurde unlängst zum bundesweiten Gründerchampion ernannt. Das Haus ist voll, die Nachfrage groß.

Das auch, weil den Jungunternehmern hier Hilfe angeboten wird, die über die erste Gründungsphase hinausreicht, sagt Jan Alberti von der Go:Incubator GmbH. Läuft das Gründerstipendium aus, müssen private Investoren gefunden werden, um das Geschäft am Laufen zu halten. Allein der Gründerchampion Metabolomic Discovery musste eine halbe Million Euro für wissenschaftliche Geräte ausgeben. Albertini bringt die Absolventen mit Investoren zusammen und veranstaltet Gesprächsrunden. Die sind nahezu immer von jungen Studenten gut besucht.

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