Brandenburg: „Achtlos weggeworfene Innereien“
Verdacht, dass Vogelgrippe-Fälle durch gefrorene Enten übertragen werden, löst Debatte aus
Stand:
Potsdam - „Das ist alles nur Spekulation“ – der Sprecher des brandenburgischen Agrarministeriums bemühte sich gestern, den Verdacht des Amtstierarztes von Ostprignitz-Ruppin, Matthias Rott, zu relativieren. Der hatte bei der Untersuchung des neuesten Falls von Vogelgrippe in Brandenburg die Vermutung geäußert, dass sich die Hühner durch Tiefkühlenten aus dem Handel angesteckt haben könnten. „Einige Umstände sprechen dafür, dass sich die Tiere durch achtlos weggeworfene Innereien der Enten angesteckt haben“, sagte er gestern. Der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Insel Riems, Thomas Mettenleiter, schließt diesen Weg der Übertragung ebenfalls nicht aus: „Es gab im Frühjahr den Verdacht, dass Tierbestände in Großbritannien durch Geflügelprodukte aus Ungarn infiziert wurden“, sagte er : „Vor einiger Zeit wurden in Bayern mehr als hunderttausend Enten getötet, weil in ihren Beständen H5N1 nachgewiesen wurde.“ Nach Meinung von Mettenleiter und Rott ist auch nicht völlig ausgeschlossen, dass bereits infizierte Enten in den Handel gelangten, bevor das Virus entdeckt wurde. „Im Gegensatz zu Hühnern können Enten mit dem Virus weiter leben“, sagte Mettenleiter: „Natürlich kann nicht jedes geschlachtete Tier auf H5N1 untersucht werden, aber die Kontrollen in den Beständen sollten auf jeden Fall engmaschiger werden.“
Der Leiter des Instituts für Geflügelkrankheiten an der Freien Universität Berlin, Mohamed Hafez, glaubt hingegen nicht an eine Übertragung durch Tiefkühlenten. „Ich halte ein Übertragung durch Wildvögel für sehr viel wahrscheinlicher“, sagt er. Amtstierarzt Rott hingegen fragt sich wie viele andere, warum dann bislang in der Nähe der drei Hühnerhöfe, in denen das Virus nachgewiesen wurde, keine weiteren Infektionen auftraten. „So ein Wildvogel lässt doch nicht nur alle 70 Kilometer etwas fallen“, sagt Rott: „So weit liegen die betroffenen Bestände auseinander.“ Außerdem habe Brandenburg ein sehr gutes Überwachungssystem und bislang wurde kein einziger mit H5N1 infizierter Vogel entdeckt. Dass sich eine Übertragung des Virus durch Tiefkühlgeflügel nachweisen lässt, halten Experten eher für unwahrscheinlich. Allein die Möglichkeit sollte jedoch Geflügelhalter und Verbraucher zu mehr Vorsicht veranlassen, sagt Rott: „Niemand darf tierische Abfälle an andere Tiere verfüttern.“ Das gleiche gelte für Verbraucher beim Zubereiten von frischen oder gefrorenen Geflügelprodukten. „Selbst wenn man Ente nicht ganz durchgebraten ist, dürfte die Gefahr gering sein“, sagt Thomas Mettenleiter: „Im normalen Fleisch ist die Konzentration des Erregers gering – bislang ist kein Fall bekannt, dass jemand vom Verzehr gestorben ist.“ Wie jedes andere Grippevirus muss H5N1 eingeatmet werden oder in die Schleimhäute gelangen, um seine tödliche Wirkung zu entfalten.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: