Brandenburg: Alarm in der Schule: Polizei jagt bewaffnete Männer
Zwei Unbekannte drangen in Kreuzberger Oberstufenzentrum ein – verletzt wurde niemand. Viertel war stundenlang abgesperrt
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Berlin - Ein bewaffneter Unbekannter, der Drohungen gegen eine Schulklasse ausstieß, hat gestern einen riesigen Polizeieinsatz in Kreuzberg ausgelöst. Dutzende maskierte Beamte durchsuchten fast fünf Stunden lang das Oberstufenzentrum Handel in der Wrangelstraße. Umliegende Straßen, auch die Skalitzer Straße, wurden gesperrt. Gegen 13.30 Uhr beendet die Polizei die Aktion – erfolglos. Erst am Abend wurde in Berlin-Treptow ein 21-Jähriger festgenommen. Er steht laut Polizei im Verdacht, den Polizeieinsatz ausgelöst zu haben.
Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Bewaffnete um 8.30 Uhr drei Schüler, die vor dem Gebäude rauchten, angesprochen und nach einer bestimmten Klasse gefragt. Die Schüler wussten es nicht und fragten, was er wolle. Als Antwort hörten sie: „Ich will da jemanden umbringen“ – und hob seinen Pullover hoch, unter dem eine Pistole zu sehen war. Daraufhin stürmte der Unbekannte in die Schule. Nach Polizeiangaben handelt es sich um einen etwa 20 bis 25 Jahre alten Russlanddeutschen. Er soll einen roten „Lacoste“-Pullover getragen haben und Jeans. Er soll blonde, kurze, hochgegelte Haare haben. Am Nachmittag teilte die Polizei dann mit, dass der Unbekannte von einem zweiten Mann begleitet worden sei und in der Schule mit einem Mädchen gesprochen haben soll. Die Hintergründe sind unklar. Dem Vernehmen nach handelt es sich um einen früheren Schüler des OSZ, der jetzt in Marzahn zur Schule geht.
Die drei Schüler hatten nach der Drohung des Mannes sofort die Schulleitung informiert. Um 8.53 Uhr begann die Maschinerie der Polizei zu laufen – alle verfügbaren Teams des Spezialeinsatzkommandos (SEK), sowie Hundestaffeln und Hundertschaften der Bereitschaftspolizei rückten aus. Über der Schule kreiste der Polizeihubschrauber. Auch ein Dutzend Rettungs- und Notarztwagen stand unter der Hochbahn in der Skalitzer Straße bereit. Die Mordkommission übernahm – wie immer bei sogenannten „Amok-Lagen“ – die Einsatzleitung.
Per Sirene wurden die Schüler um 9.20 Uhr zum Verlassen der Schule aufgefordert, da dies nicht schnell genug ging, scheuchten Polizisten die Schüler aus den Gängen und der Mensa ins Freie, wie eine Schülerin berichtete. Danach wurde Raum für Raum die Schule durchsucht, vom Keller bis zum Dach. Unter den Schülern, die an den Absperrungen warteten, machten derweil die wildesten Gerüchte die Runde. Es war sogar die Rede von einer Lehrerin, die in der Mensa angeschossen worden sei. Doch tatsächlich verletzt wurde niemand.
Wie und wann die Männer die Schule wieder verlassen haben, ist offen. Vermutlich haben sie das Durcheinander bei der Räumung genutzt. Eine Waffe wurde bei der Suche in den hunderten Zimmern nicht gefunden. Schuldirektor Martin Stern sagte am Nachmittag, dass seine Schule in den kommenden Tagen Polizeischutz erhält. So schnell werde man nicht zur Normalität zurückkehren können. „Wir sind sehr, sehr verstört.“ Die Schüler sollen heute schriftlich über den Vorfall informiert werden, um allen Gerüchten entgegenzutreten. Zwei Schulpsychologen kümmerten sich gestern um die Schüler.
In der Schule hatte es bislang kaum Gewalttaten gegeben. Vor drei Jahren eine Messerstecherei vor dem Gebäude, berichtete ein Lehrer. Allerdings sei ein Kollege zusammengeschlagen worden, als er einen Schulfremden aus dem Gebäude verweisen wollte. Sie gilt mit derzeit etwa 6500 Schülern als größte Schule Deutschlands. Da es sich um eine Berufsschule handelt, ist täglich jedoch nur etwa ein Drittel der Schüler im Gebäude. Schuldirektor Martin Stern sagte auf die Frage, ob der Einsatz gerechtfertigt sei: „Unter dem Eindruck von Erfurt auf jeden Fall.“ Vor sechs Jahren hatte ein Mann in seinem früheren Gymnasium 16 Menschen erschossen und dann sich selbst.
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