Brandenburg: Allein gegen alle
Staatsanwaltschaft und Innenministerium ermitteln gegen Petke – er will Rechtsausschuss-Chef bleiben
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Potsdam - Für den ehemaligen CDU-Generalsekretär Sven Petke, einst einer der mächtigsten Männer der Partei, wird es eng: Politiker von SPD, CDU und PDS forderten gestern, dass der Landtagsabgeordnete sein Amt als Vorsitzender des Rechtsausschusses ruhen lassen soll. Seit Montag ermittelt wie berichtet die Staatsanwaltschaft Cottbus wegen Verdachts der Datenunterdrückung gegen den 38-Jährigen: E-Mails an zwei CDU-Politiker, die in der Parteizentrale mit Namensadressen eingingen, sollen von dort nicht weitergegeben worden sein. Das Innenministerium, das für den nichtöffentlichen Datenschutz zuständig ist, leitete gestern ebenfalls Untersuchungen ein. Wie Innen-Staatssekretär Hans-Jürgen Hohnen mitteilte, werde geprüft, ob die Kontrolle des Leseverhaltens von Abonnenten des CDU-Newsletters gegen den Datenschutz verstoßen hat. Die Nutzer konnten ohne ihr Wissen in der Landeszentrale namentlich ermittelt werden. Laut Hohnen hat das Ministerium eine Arbeitsgruppe von Fachbeamten eingesetzt, außerdem wird die Datenschutzbeauftragte des Landes in die Untersuchungen einbezogen.
Petke selbst lehnte es allerdings gestern in der CDU-Fraktionssitzung ab, sein Amt als Vorsitzender des Rechtsausschusses bis zum Abschluss der Ermittlungen ruhen zu lassen. Eine „deutliche Mehrheit“ der Fraktionsmitglieder habe sich dafür ausgesprochen, berichtete Fraktionschef Thomas Lunacek, weil die „Achtung vor diesem Amt“ einen solchen Schritt gebiete. Petke habe entgegen gehalten, dass für ihn bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung gelte.
Darauf hin hat die frühere CDU-Vorsitzende Carola Hartfelder in der Fraktion einen Antrag auf „Abberufung“ Petkes aus dem Rechtsausschuss gestellt. Da der Vorsitzende vom Ausschuss gewählt wird, kann auch nur dieser ihn abwählen. Der Ausschuss wird sich zwar am morgigen Donnerstag mit der Affäre und dem weiteren Umgang mit dem Vorsitzenden befassen. Doch gilt es als unwahrscheinlich, dass eine Mehrheit für eine Abwahl Petkes im Rechtsausschuss zustande kommt. In der SPD herrscht die Meinung vor, dass der Ball bei der CDU-Fraktion liege. Diese wird laut Lunacek nächste Woche über die Abberufung Petkes aus dem Ausschuss entscheiden. Intern hieß es, Petke habe jetzt Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob es für ihn selbst nicht besser wäre, sein Amt freiwillig ruhen zu lassen, „als aus dem Ausschuss zu fliegen“. Fraktionsmitglieder erklärten, dass eine Mehrheit dafür sicher wäre.
Denn in der CDU wie im Landtag überhaupt wächst das Unverständnis über das Verhalten des Rechtsausschuss-Vorsitzenden, der sich in der Vergangenheit gern als „Saubermann“ gab. Abgeordnete wiesen darauf hin, dass Petke erst kürzlich am lautesten gefordert hatte, der PDS-Abgeordnete Otto Theel solle wegen Korruptionsverdachts seine Mitgliedschaft in Ausschüssen ruhen lassen und auch von seinem Posten als kommunalpolitischer Sprecher der PDS-Fraktion entbunden werden. Theel belaste das Ansehen des Parlaments, so Petke damals.
Wegen einer angeblichen Indiskretion der Staatsanwaltschaft hatte Petke im Mai 2004 auch Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg nahe gelegt, zurückzutreten. Er sei „seinem wichtigen Amt nicht mehr gewachsen“, so Petke damals. „Er misst offenbar mit zwei Maßstäben“, kritisierten Parlamentarier gestern.
Der PDS-Abgeordnete Stefan Sarrach wies darauf hin, dass Petke wegen unqualifizierter Angriffe auf die Staatsanwaltschaft bereits eine Rüge vom Rechtsausschuss erhalten habe. Als Ausschussvorsitzender sei er „nicht mehr tragbar“, so Sarrach gestern, sonst nehme der Ausschuss Schaden. Es gehe nicht nur um juristische Kategorien, „sondern um Fragen des Anstands und der Moral“. Als Rechtsausschuss-Vorsitzender trage Petke eine besondere Verantwortung, erklärte SPD-Fraktionschef Günter Baaske. SPD-Generalsekretär Klaus Ness meinte, Petke sollte sein Amt „aus Gründen der politischen Hygiene“ ruhen lassen. „Durch seine Weigerung bekommt die ganze Affäre inzwischen eine Dimension, die die Ressentiments in der Bevölkerung gegen Politiker anwachsen lässt.“
Trotzdem vertrat CDU-Fraktionschef Lunacek vor Journalisten die Ansicht, dass Petke seine Kandidatur für den Parteivorsitz nicht zurückziehen müsse. Darüber werde der Parteitag im Januar entscheiden. Petke selbst geht offenbar davon aus, dass die Ermittlungen bis dahin abgeschlossen sein werden und ihm keine Schuld nachzuweisen sein wird.
Michael Mara
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